
Azoren 2023
Tom Schilling
Für meine Mutter
Impressum
Auflage September 2023
© Tom Schilling, Dresden, Deutschland
Dieses Buch ist ein Ausdruck der Webseite
"https://www.tom--schilling.de/wandern/
gedruckt im Selbstverlag
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Inhalt
- Vorbereitung
- Anreise → Ponta Delgada auf São Miguel
- Ponta Delgada → Santa Maria
- Vila do Porto → Ribeira do Maloás
- Ribeira do Maloás → Fonte Clara
- Fonte Clara → Bananeiras
- Bananeiras → Vila do Porto
- Vila do Porto
- Vila do Porto → Terceira
- Angra do Heroísmo
- Angra do Heroísmo → Ponta da Serra
- Ponta da Serra → Ponta do Queimado
- Ponta do Queimado → Praia da Vitória
- Praia da Vitória → São Miguel
- Ponta Delgada → Água Retorta
- Água Retorta → Povoação
- Povoação → Furnas
- Furnas
- Furnas → Ponta Delgada
- Heimreise


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Frühjahr 2023 - Wanderungen über die Azoren-Inseln Santa Maria, Terceira und São Miguel
L ca. 200 km, U 0 m, O 1019 m, Z 20 Tage
Inhalt
- Vorbereitung
- Anreise → Ponta Delgada auf São Miguel
- Ponta Delgada → Santa Maria
- Vila do Porto → Ribeira do Maloás
- Ribeira do Maloás → Fonte Clara
- Fonte Clara → Bananeiras
- Bananeiras → Vila do Porto
- Vila do Porto
- Vila do Porto → Terceira
- Angra do Heroísmo
- Angra do Heroísmo → Ponta da Serra
- Ponta da Serra → Ponta do Queimado
- Ponta do Queimado → Praia da Vitória
- Praia da Vitória → São Miguel
- Ponta Delgada → Água Retorta
- Água Retorta → Povoação
- Povoação → Furnas
- Furnas
- Furnas → Ponta Delgada
- Heimreise
Vorbereitung
Nachdem mir letztes Jahr die Azoren sehr gut gefallen hatten (siehe Bericht), nehme ich mir diesmal die restlichen Inseln im Osten vor.
- Santa Maria war letztes Jahr aus Zeitgründen unter den Tisch gefallen. Ich plane die Umrundung auf der offiziellen Route von visitazores.com.
- Terceira hatte ich wegen der Problematik der freilaufenden Stiere ausgelassen. Auch hier gibt es einen offiziellen Wanderweg auf der Westseite der Insel, den ich diesmal gehen will. Ich hoffe mal, daß sie ihre Wanderer nicht an die Stiere verfüttern. ;-)
- Und zuletzt São Miguel. Da hatte ich mir bisher nur den Westteil angesehen, es gibt aber auch im Osten einige Wanderwege, die ich so gut es geht verbinden will. Eine vorgefertigte Route einer Inselumrundung oder -durchquerung existiert leider nicht.
Die Flüge habe ich schon alle gekauft und auch die ersten beiden Hotel-Übernachtungen gebucht. Start ist am 28.2.2023. Ich werde wieder versuchen, live auf dieser Seite zu berichten.

Die vorbereiteten Tracks für Santa Maria, Terceira und São Miguel als gpx-Datei und als Bild:
- Track Santa Maria enthält nur den Track, keine Wegpunkte. Dem Track von visitacores fehlen im letzten Stück die Höhenangaben, das ist in diesem Track korrigiert.
- Track Terceira - Der auf visitacores angebotene Track ist mit 169 Wegpunkten garniert, die über die ganze Insel verstreut sind und mit dem Weg nichts zu tun haben. Jeder Wegpunkt hat eine Webseite mit 2,2 kB meist leeren Formularfeldern angehängt bekommen. Die einzige sinnvolle Information darin ist der durchschnittlich 10 Byte lange Name des Wegpunkts. Höhenangaben gibt es nur manchmal. Die von mir genutzten Programme kommen nicht an die in HTML versteckten Wegpunktnamen heran, deshalb habe ich sie in mühsamer Handarbeit selber extrahiert.
- Track São Miguel - Aus den einzelnen kurzen Wanderrouten auf visitazores habe ich mir einen Track zusammengesetzt. Im Original hängen hier sogar 3,2 kB nutzlose Formatierungsinformationen an jedem Wegpunkt. Man könnte auch genausogut die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten an jeden Wegpunkt hängen (8 kB), und niemandem würde es auffallen. Hab ich entfernt.



Zufällig habe ich noch kurz vor Start auf der Seite Azoren-Wanderfuehrer.de eine Karte der Azoren mit deutschen Beschriftungen gefunden, die wesentlich detaillierter ist, als OSM. Der Link "GPS" auf der Webseite führt dahin.
Anreise ↣ Ponta Delgada auf São Miguel
Die Anreise nach Ponta Delgada ging schon mal glatt. Entspannt 10:50 Uhr in Dresden los über Frankfurt und Lissabon. In Lissabon schien die Sonne, über dem Atlantik zog dann eine geschlossene Wolkendecke auf. Beim Abstieg durchquerten wir 4 Wolkenschichten, mit jeder Schicht wurde es finsterer. Eine große Menge Wasser hing in der Luft.


Dresden
São Miguel
Ein Regenband hatte gerade die Inseln überquert. Als ich aus dem Flughafen trete, war der Regen gerade vorbei und ich laufe die 4 Kilometer bis zum Hotel Alcides. Dort hatte ich im voraus für eine Nacht ein Zimmer gebucht. Unterwegs hat noch ein kleiner Supermarkt offen und ich nehme ein Bier mit. Ich bin müde und unternehme heute nichts weiter.

Ponta Delgada ↣ Santa Maria
Die Nacht war wenig erholsam. Ich hatte versucht, bei offenem Fenster zu schlafen und das Geschrei und Gekreische aus dem Restaurant unter mir zu ignorieren. Hat nicht geklappt. Der Lärm ging bis nach 2 Uhr, als ich dann doch das Fenster geschlossen hatte.
Das Zimmer ist ganz nett. Nach dem Frühstück warte ich noch auf dem Bett, bis der Regen aufhört. Ich hab Zeit, mein Weiterflug nach Santa Maria geht erst am späten Nachmittag. Ziemlich planlos erkunde ich die Ecken von Ponta Delgado, wo ich letztes Mal noch nicht war. Gegen 15 Uhr mache ich mich wieder Richtung Flughafen auf.


Altersschwacher Baum auf Krücken
Finde den Unterschied!

Der Flug soll eigentlich genau 18 Uhr starten, Start Boarding ist 17:40 Uhr. Weil das zügig vorangeht und alle da sind, fliegen wir schon etwas früher los und setzen 18:04 Uhr auf dem Rollfeld von Santa Maria auf. Der Flugplatz ist riesig und wir fahren noch eine Weile im Flugzeug umher, bis wir am Terminal ankommen.
Auch die vier Kilometer bis zur Jugendherberge laufe ich noch und habe damit schon am Anreisetag einige Kilometer in den Knochen. Unterwegs springt mir ein Frosch ans Schienbein und sitzt dann reglos auf dem Gehweg. Als ich in der Herberge ankomme, ist es dunkel.

Die Jugendherberge ist ziemlich groß und hübsch eingerichtet. Ich dusche, schreibe im WLAN-Raum Blog und gehe früh zu Bett. Niemand sonst scheint heute hier zu übernachten.
Vila do Porto ↣ Ribeira do Maloás
Diese Nacht habe ich wunderbar geschlafen. Es war ruhig und nicht mal ein Gelbschnabel-Sturmtaucher ließ sich hören.

Der Wanderweg startet gleich an der Jugendherberge. Ich schaue mir noch die verrosteten Kanonen auf der Festungsbrüstung an und die Tafel, die unter anderem den Unterschied zwischen Piraten und Freibeutern erklärt und wandere dann Richtung Osten die Küste entlang.


Man hatte wohl einigen Erfolg, sich mit diesen Kanonen zu verteidigen.
Weg-Start
Aus dem anfänglichen Sonnenschein ist eine durchgehende Wolkendecke geworden. Dazu weht frischer Wind. An der Geosite Pedreira do Campo hat man einiges Geld für einen breiten Holzbohlensteg über die Wiese ausgegeben. Das Besondere sind hier die übereinanderliegenden Gesteinsschichten vulkanischen Ursprungs und Sedimentablagerungen, beides entstanden sowohl unter Wasser als auch an Luft. Mal wurde die Oberfläche durch einen aufstrebenden Vulkan in der Nähe aus dem Wasser gehoben, mal versank sie wieder im Meer. In den Aufschluß eingebettet ist eine hübsche Ansammlung großer Lavablasen.


Aufwändiger Holzweg zur Geosite
Lavakugeln
Danach geht es auf derselben Wiese nur ohne Holzbohlensteg weiter. Die Erosion der Wiese durch Wanderer ist kein Problem, es hat sich noch nicht mal ein Pfad gebildet. Selbst die Erosion durch Kühe ist hier noch gering.

Wenig später kommt man an der Gruta do Figueiral vorbei, wo das hier deutlich mächtigere Kalkstein-Sediment zwischen den Lavaschichten abgebaut wurde, um daraus Kalk zu gewinnen, mit dem man die Häuser schön weiß streichen konnte. Damit nicht alles zusammenbricht, hat man einzelne Säulen stehenlassen und zusätzliche Stützen hineingemauert. Ich frage mich, wie man das hinbekommt, daß die gemauerten Stützen die Decke wirklich entlasten?




Bei Prainha steigt man auf Meereshöhe ab. Von dem schönen Sandstrand auf dem Wanderprospekt war nichts zu sehen. Es fehlte der Sand und hohe Wellen brechen über die Felsen am Ufer. Nachdem der Weg an der Küste wieder so weit angestiegen war, daß ich die Gischt nicht abbekomme, mache ich Rast auf einem Grasfleck am Weg. Hier brutzelt wieder die Sonne.

Vor Praia Formosa stimmt mein Track von visitazores.com nicht mit der Beschilderung überein. Statt die ganze Zeit entlang der Küste leiten mich die Markierungen erst hoch zum Aussichtspunkt Marcella, dann auf der Straße nach Praia hinein und noch vor dem Ort wieder bergauf. Vermutlich gibt es den Küstenweg nicht mehr. Ich treffe an dieser Stelle einige Wanderer, die eine Runde vom Aussichtspunkt zum Strand machen.
Beim Wiederaufstieg auf die Hochfläche verliere ich das erste Mal die Wegmarkierung und laufe die lange Serpentine auf Asphalt. Egal, der Aufstieg wird dadurch nur leichter. Wieder auf dem richtigen Pfad, läuft eine Ratte vor mir den Weg entlang. Diese Tiere scheinen hier ein großes Problem zu sein, denn überall sind schwarze Plastefallen aufgestellt worden.

Die Wanderwege sind generell noch sehr durchweicht, so daß es illusorisch ist, in meinen Wandersandalen trockene Füße zu behalten. An einer 50 Meter langen Stelle wird es wirklich ärgerlich. Der Weg ist von Kühen komplett zertrampelt, an beiden Seiten sind Steilhänge. Ich versuche an den Seiten irgendwie durchzukommen und rutsche mehrmals ab und lande mit einem Platsch 10 Zentimeter tief im Modder. Mein Fluchen war sicher weithin vernehmbar. Half aber nichts. Meine Hauptsorge war, nicht noch eine Sandale im Morast zu verlieren. Nachdem das Stück geschafft war, ging es erstmal auf Asphalt weiter.



Gegen 16 Uhr erreiche ich eine Stelle, wo blanker Lehm jeglichen Oberflächenbewuchs verhindert. Ich überquere die und steige danach weglos über Kuhweiden auf den Piedade (208 Meter). Oben ist ein Walausguck und auch sonst hat man einen schönen Rundblick auf die Umgebung. Der Wind pfeift sehr stark und ich mache mir schon mal Sorgen um Übernachtungsmöglichkeiten. Hier oben jedenfalls nicht, auch im Ausguck zieht es wie Hechtsuppe.




Blick vom Piedade: da komme ich her (brauner Fleck = Lehm),
und da will ich hin (schwarzer Fleck = Wasserfall)
Wenig später komme ich zum Wasserfall Ribeira do Maloás. Das ist ein Bach, der in einer imposanten senkrechten Wand aus Basaltsäulen herunterfällt. Der Track führt oben an der Kante entlang, der ausgeschilderte Weg glücklicherweise unten durch das Tal.
Im Talgrund gibt es am Ufer des Bachs einen schönen waagerechten Wiesenfleck. Der Wind wird durch Büsche gut abgeschirmt. Ich entscheide mich sofort, hier zu bleiben. Am offiziellen Etappenende in Cardal ist zwar eine Übernachtungsmöglichkeit in die offizielle Wanderkarte eingezeichnet, aber ich weiß nichts darüber und in OSM existiert sie nicht. Vermutlich hat sie im Winter wie alles hier geschlossen.
Etwas Kopfzerbrechen bereitet mir noch die genaue Wahl des Zeltplatzes. Von der Wand brechen ab und zu mal Säulen ab. Eine ist halb zerbrochen und könnte noch weiter abrutschen, eine andere ist noch intakt, aber schon von der Wand weg geneigt. Ich wähle einen Platz, soweit wie möglich entfernt von der Wand, auch wenn ich dann nicht den Kondensationsschutz des Baumes habe.


Zelt am Wasserfall
Der Alkoholkocher im Ständer der Feuerkanne mit meinem Lieblingstopf
Der restliche Abend vergeht mit Fertiggericht warmmachen und frühem Einschlafen. Das Gurgeln des Bachs mischt sich mit dem Rauschen des Wasserfalls und dem Quaken einiger Frösche.
Ribeira do Maloás ↣ Fonte Clara
Der Regen der Nacht hört am Morgen auf, trotzdem startet der Tag neblig. Ich hatte vergessen, Alkohol zu kaufen und in meiner mitgebrachten Desinfektionsmittel-Sprühflasche war nur noch eine Kocherladung, die ich mir für den Notfall aufheben wollte. Also fällt der Morgenkaffee aus. Ich packe zusammen und stapfe gegen 9 Uhr los.

In Cardal habe ich wie vermutet nichts gefunden, was auf eine Übernachtungsmöglichkeit hindeutet. Es ist offenbar zu viel verlangt, mal ein Schild an der Straße anzubringen. Die einzigen Hinweise auf ein Quartier, denen ich auf der gesamten Insel begegnet bin, waren ein Wegweiser zur Casa Margarida und ein kleines Schild direkt an dieser Casa. Da kam ich gegen Mittag vorbei. Natürlich ist niemand vor Ort und eine Kontaktaufnahme wäre mangels Telefonnummer unmöglich. Aber es ist noch früh am Tag und noch brauche ich keine Unterkunft.
Als ich auf die Regionalstraße 1-2a treffe, beschließe ich, den Abstecher nach Maia und zur Südostspitze nicht zu gehen, weil ich fürchte, daß der Weg von der Küste ins Hochland ähnlich schlecht beschaffen ist, wie die Wege am Vortag. Da bleibe ich lieber auf befestigten Straßen und gehe nach Norden. Unterwegs begeistern mich wieder die riesigen Schornsteine auf den Häusern, diesmal die runde Version.

Nach 12 Uhr erreiche ich Santo Espíriro. Das hätte ich auch einfacher haben können, wenn ich nicht erst nach Osten und dann nach Westen, sondern gleich nach Norden gegangen wäre. Aber der Weg ist das Ziel, auch wenn er hier nur über Asphalt fürht.
Im Ort entdecke ich zwei Bars gleich nebeneinander, beide nicht in OSM eingezeichnet. In der, wo die Einheimischen rumhingen, trinke ich einen Kaffee und frage die Wirtin, ob sie Desinfektionsmittel verkauft. Sie verweist mich auf den kleinen Supermarkt gegenüber, der 13:30 Uhr öffnet. Ich warte also in der Bushaltestelle noch 20 Minuten ab und kaufe dann eine 250 mL Flasche 96-prozentigen Alkohol. Jetzt kann ich nach Herzenslust kochen!

Weiter geht es nach Norden. Ich komme an drei Bushäuschen vorbei, aber am Wochenende fährt nachmittags nichts mehr. Das letzte der Bushäuschen ist zweigeteilt, mit einer schmalen Bank zur Straße hin und genauso einer auf der Rückseite, von der Straße aus nicht sichtbar. Dort suche ich Zuflucht vor dem gerade einsetzenden stärkeren Regen. Obwohl mich dahinten niemand sieht, findet mich trotzdem eine Frau, die ihren Hund ausführt. Sie ist Deutsche, die hier lebt.
Die Hauptmenge des Regens soll in den nächsten zwei Stunden herunterkommen und ich beschließe, das auszusitzen bzw. auszuliegen, denn ich hatte schon meine Isomatte auf der Bank ausgerollt, und war in meinen Schlafsack geschlüpft.
18 Uhr, eine Stunde vor Sonnenuntergang, fällte ich dann die Entscheidung, daß ich mit diesem Balanceakt auf der schmalen Bank nicht die Nacht verbringen wollte. Schnell zusammengepackt und was Neues gesucht. Die Idee war, daß es anderthalb Kilometer entfernt an der Fonte Clara vielleicht was geben könnte. Die Treppen zur Fonte floß ein Bach herunter und aus der Quelle kam ein dicker Strahl braunes Wasser. Von wegen Fonte Clara! Unten war alles Matsch und es bot sich nichts Ebenes an. Also wieder hoch zum Weg. Nicht weit neben der Quelle finde ich ein Kuhgatter und dahinter eine Auffahrt zu einem Aussichtspunkt. Ein Fleckchen ebene Wiese ist auf drei Seiten von Mauern umgeben, dazu kuhfrei und weit genug von bellenden Hunden entfernt. Was Besseres werde ich heute nicht mehr finden. Ich baue das Zelt auf.

Warmes Abendessen fällt wegen des Windes aus. Außerdem habe ich nicht genug Wasser. Die in der Karte eingezeichneten Wasserstellen waren allesamt nicht existent. An allen gemauerten Wasserstellen und auch zwei alten Wäsche-Waschstellen waren die Hähne abmontiert oder es floß kein Wasser aus dem Hahn. Warum ist man auf einer so regenreichen Insel dermaßen geizig?
Fonte Clara ↣ Bananeiras
Für die Nacht waren vom Norweger Wolken angesagt, kein Regen. Schon bald goß es wie aus Kannen. Dazu die Windböen. Das Zelt ist auf drei Seiten von Mauern abgeschirmt und auf der vierten durch einen kleinen Erdwall. Trotzdem schüttelt es das Zelt ordentlich durch und ich fürchte, daß jeden Moment das letzte Stündlein des Zeltstoffes schlägt. Um vier mache ich mal Licht und inspiziere ich mein Zelt. Meine Hauptsorge war, daß ich in einem Teich aufwache, weil mein Zeltplatz in einer lokalen Senke lag. Glücklicherweise war die Zufahrt hervorragend drainiert, was mir schon beim Hereindrücken der Häringe aufgefallen war (die Schicht kleiner Steine unter dem Gras). Der Wind hatte mir allerdings an zwei gegenüberliegenden Ecken die Häringe herausgezogen, so daß sich Innen- und Außenzelt berührten und Wasser durchdrang. Der Schaden war nicht groß und schnell weggewischt. In einer Regenpause konnte ich die Häringe wieder einsetzen, daß sie bis zum Ende der Nacht hielten.
Früh kam die Sonne nicht über die Mauer und ich mußte feucht einpacken. Den ersten kurzen Schauer des Tages warte ich im Aussichtspunkt São Lourenço ab. Auch der Wasserhahn im Rondell war abgestellt.


Kurz nach dem Aussichtspunkt sieht man weit entfernt zwei Wasserfälle von den gegenüberliegenden Talseiten aufeinanderzu fliegen. Ein schöner Anblick.

Den Ort São Lourenço sah ich mir von den Aussichten an der Straße lange an, hatte aber keine Lust, die Straße da runter und danach den steilen Hang wieder hochzulaufen. Nur noch auf der Hälfte der mit Mäuerchen umgebenen kleinen Parzellen wächst Wein. Den wird man wohl nirgends kaufen können.


Ich schenke mir auch den Weg zur Nordostspitze und nehme gleich den höchsten Berg der Insel in Angriff, den Pico Alto. Quartiere wird es in Norte sicher auch nicht geben, zumindest OSM kennt keine.
Nachdem ich die Serpentinen zum Pico Vermelho erklommen hatte, gönne ich mir eine Rast am Teich des ehemaligen Steinbruchs in schönstem Sonnenschein und begleitet vom infernalischen Gequake Tausender Frösche.

In Arrebentão stehen noch die Rümpfe zweier Windmühlen. Könnte man mal für Touristen hübsch wieder aufbauen. Noch ein Stück Asphaltstraße und ich bin auf dem Gipfel. Die Wolkendecke hängt hoch genug, daß man die ganze Insel überblicken kann. Es weht heftig und ich friere und mache mich schnell wieder an den Abstieg.

Der folgende Weg entlang einer schmalen Rippe war der bisher schönste der Insel. Ich laufe lange auf halbwegs trockenen Gras auf der Rippe, später durch Wald.


Tagesziel ist etwas, das in der Open Street Map mit "Ilha a Pé Raposo" angegeben ist, mit einem Hütten-Symbol. Ich glaube nicht daran, dort eine Übernachtung zu finden, will es aber doch wissen. 200 Meter bevor ich dort bin, sehe ich links entlang eines Baches einen wenig genutzten zugewachsenen Waldweg, der für eine Übernachtung im Zelt in Frage käme. Die Hütte ist verrammelt, kein Schild, nichts. Es wird also der Waldweg.

Ich sammle einen Schlafplatz frei von Ästen und Zapfen und teste die schiefstehenden Bäume. Das wird schon noch eine Nacht stehenbleiben. Dann baue ich das Zelt auf und genieße wegen Wassermangels nochmal ein kaltes Abendbrot.

Bananeiras ↣ Vila do Porto
Diese Nacht schlafe ich gut, abgesehen von der ab und zu auftauchenden Frage, ob ich mir wirklich alle Bäume auf Umsturzsicherheit angesehen hatte, auch die oberen. Es regnet, aber das Zelt ist diesmal besser abgespannt, alles bleibt trocken.

Ich bereite mir einen Morgenkaffee und der Tag fängt gut an. Heute will ich irgendwie Vila do Porto erreichen, entweder auf der originalen Etappe oder falls die Wege zu schlecht sind, auf Straßen. Gleich nach dem Start quert der Weg im Wald mehrere Bäche. Eine Furt ermöglicht es, bei normalem Wasserstand ein Stück in Fließrichtung des Baches zu gehen und auf die andere Seite zu gelangen. Heute ist das Wasser so reißend, daß ich da nicht drüber komme. Sollte ich im Wasser ausrutschen, besteht die Gefahr, im Wasserfall zu landen, bevor ich mich aufrappeln kann.

Ich umgehe das Tal auf der Straße. Danach wird der Weg wieder passierbar und ich komme zum großen Lehmfleck der Insel. Eine sehr karge und irgendwie schöne Landschaft.

Mit meinen Keen-Sandalen und Lehm habe ich schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Man geht einen Schritt und hat eine ein Zentimeter dicke Schicht an der Sohle hängen, die nicht wieder abgeht. Nach dem zweiten Schritt ist sie zwei Zentimeter dick, usw. bis man auf Plateauschuhen durch die Gegend rutscht. Ich hatte das schon an anderer Stelle auf der Insel gehabt und war entsprechend skeptisch, ob sich die Lehmfläche überqueren läßt. Diesmal ging alles gut, der Lehm blieb, wo er war.




Wenig später wird der Weg wieder unpassierbar. Ich breche ab und nehme die Straße nach Vila do Porto.
Es gibt 4 Hotels im Ort. Das Colombo liegt zwar weit außerhalb, hat aber als einziges Zimmer mit großem Balkon und Fensterfront über die gesamte Breite des Zimmers. Es sieht ähnlich aus, wie sie Hotels auf Corvo und Graciosa. Außerdem ist es das Billigste. Bei booking.com will man 42 € pro Nacht haben, vor Ort 45 €. Ich frage die Dame am Schalter, warum das so ist, sie meint, sie kann da nichts machen. Als ich anfange, das Quartier bei booking.com zu buchen, geht doch noch was. Sie braucht noch eine Rückbestätigung von ihrem Chef, dann bekomme ich ein Zimmer für 40 € die Nacht inclusive Frühstück. Ich bleibe drei Nächte.

Mein erster Weg nach dem Duschen führt mich in die Stadt. Es ist Sonntag Nachmittag und ich erwarte nicht, daß ich Lebensmittel einkaufen kann. Weit gefehlt! Zwei Supermärkte haben offen. Ich packe meinen Rucksack voll mit Leckereien für mehrere Tage. Dann gehe ich noch durch den langgestreckten Ort bis zur Jugendherberge und zum Anfang des Rundwegs, um ihn symbolisch abzuschließen. Bei Sonnenuntergang treffe ich wieder im Hotel ein.


Spiegelhaus
Der Vogel sieht dem auf Corvo ähnlich.

Den Tag beschließe ich, indem ich auf dem uralten Röhrenfernseher (immerhin schon in Farbe!) auf FOX Stirb Langsam 5 und Ocean 8 ansehe. Es gibt nur ein paar Analogsender und Deutsche Welle ist nicht dabei.
Vila do Porto
Heute will ich noch ein Stück des Wanderwegs nachholen, das ich gestern ausgelassen hatte. Ich will in Gegenrichtung so weit gehen, bis ich nasse Füße bekomme. Als Erstes sehe ich mir die Wellblechhütten an, die vermutlich die Amis nach dem 2. Weltkrieg zurückgelassen hatten. Einige scheinen immer noch bewohnt zu sein. Was für ein Kontrast zu den Unmengen moderner Einfamilienhäuser in diesem Teil der Insel.


Danach geht es auf dem Plateau endlos lange eine Staubstraße geradeaus, bis ich auf den Hafen hinunterblicken kann. Weglos führen die Markierungen oben an der Steilküste entlang. Durch die dünne Grasdecke auf dem ab und zu auch freiliegenden vulkanischen Untergrund ist es nicht so sumpfig wie gedacht. Meine Füße bleiben trocken.

Für eine erste Rast suche ich Windschutz hinter dem kleinen Leuchtturm. Ich sitze nur da und schaue aufs Meer. Da hinten muß laut Karte irgendwo die Antarktis sein.


Nachdem ich mich vom Anblick losgerissen hatte, durchquere ich ein Tal mit einigen Höhlen in den Wänden, teilweise mit ganz dünnem Dach.


Am Strand steht eine hübsche Steinbank, die ich auch noch mitnehme. Aus der Meerenge zwischen der kleinen Insel vor der Küste und Santa Maria kommen häufig hohe Wellen Richtung Meer heraus, die mit den frontal auf die Küste zulaufenden Wellen unter einem rechten Winkel zusammenstoßen und spitze hohe Berge bilden, sozusagen kleine Matterhörner aus Wasser.

Nach Wiederaufstieg auf die Hochfläche gehe ich über Kuhweiden zur Südspitze des Flughafens. Das reicht mir für heute, die Umrundung des Flughafens würde zu lange dauern. Ich besorge noch Kleinigkeiten im Supermarkt und gehe wieder zurück ins Hotel.


Auch bei Kühen geht der Trend weg vom Wohnsilo zu Einfamilienställen.
Pferde gibt es auch.
Vila do Porto
Das Hotel hat weniger als 20% Auslastung, deshalb gibt es kein Frühstücksbuffet, sondern ich hatte beim Einchecken schon angesagt, was ich haben will, und bekomme genau das gebracht.
Während gestern wenigstens noch ab und zu mal die Sonne durchlugte, bleibt heute alles grau und trüb. Ich bleibe zu Hause, setze mich in meinen gemütlichen Sessel und hole die Rückstände im Blog schreiben auf. Außerdem lese ich noch die vom Frankfurter Flughafen mitgebrachten Zeitungen zu Ende.
Als es schon dunkel ist, rafft es mich, daß ich meine gestern auf dem Weg gesammelten Alubüchsen wenigstens noch zu einem Kocher verarbeiten will. Ich hatte vor zwei Jahren auf Youtube eine Anleitung gesehen, wie man aus einer Bierbüchse einen Alkoholkocher bastelt. Sie enthält einen Arbeitsschritt, ein Blech mit Zweikomponentenkleber zusammenzukleben, was nicht besonders outdoortauglich ist. Mein Ehrgeiz war geweckt, das besser hinzubekommen. Erster Versuch war, stattdessen für den Innenteil eine 0,35 L-Büchse mit geringerem Durchmesser zu nehmen. Das Ergebnis überzeugt mich noch nicht. Vermutlich geht es mit einer noch schmaleren 0,25 L Büchse noch besser.
Ausprobieren konnte ich meinen Kocher noch nicht, weil zu viel Wind war. Heb ich mir für Terceira auf.


Rohstoffe und Werkzeuge
Erste Version des Kochers
Vila do Porto ↣ Terceira
Inselwechsel. 5:30 Uhr ist wecken. Es ist alles schon gepackt, ich brauche nur in meine Klamotten zu schlüpfen, an der Rezeption meinen Frühstücksbeutel abholen und die 4 Kilometer zum Flughafen zu laufen. Es ist trocken, aber sehr windig.
Das Flugzeug ist voll, wir starten pünktlich nach Ponta Delgada. Auch der Anschlußflug nach Terceira ist gut ausgebucht. 9:45 Uhr habe ich mein Gepäck. Ich hatte meine Feuerkanne, die aus dünnem Aluminium ist und bei den letzten Flügen ziemlich verbeult wurde, diesmal in meinen Handgepäck-Beutel genommen. Leider hab ich den vor der Durchleuchtung fallen lassen, weswegen die Kanne jetzt völlig ramponiert ist.
Schon zu Hause hatte ich mir die Busverbindungen herausgesucht, mit denen ich zum Beginn meiner Wanderung nach Santa Barbara kommen wollte. Die nächste Verbindung wäre Bus 3 um 10:30 Uhr nach Biscoitos und 13 Uhr von dort mit Linie 1 weiter entgegen dem Uhrzeigersinn um die Insel. Weil ich noch Zeit bis zur Abfahrt habe, gehe ich in die Touristen-Info am Flughafen, um mir einen gedruckten Busfahrplan zu holen. Die junge Frau am Schalter meint, der nächste Bus fährt erst 14 Uhr und alle Verbindungen gehen nur über Angra. Nach einigem Zureden findet sie auch meine gewünschte Verbindung, behauptet aber, daß die Linie 3 nicht am Flughafen hält. Ihre herbeigerufene Kollegin bestätigt ihr das. Ich soll mit dem Taxi nach Praia fahren, dann würde ich den 10:30er Bus noch erreichen. Offensichtlich sind beide mit dem Konzept des Zusteigens an Bushaltestellen nicht vertraut.
Ich gehe also los, mit der Absicht, eine Haltestelle zu finden. Sie ist direkt an der Straße vor dem Flughafen und die Linie 3 ist auf dem Schild aufgeführt. Ich warte im Regen auf den Bus. Die Haltestelle ist zwar großzügig überdacht, aber leider in einer Höhe, daß der Regen drunter durch peitscht.
Der Bus hält wie erwartet. Die freie Zeit in Biscoitos nutze ich, um mir den Zeltplatz anzusehen. Er ist offen und leer. Die Parzellen sind durch niedrige Mäuerchen voneinander abgetrennt. Bei dem Sturm wäre es kein Spaß, hier zu zelten. Am Meer lege ich auf einer Bank eine Pause ein und schaue der Brandung zu.
Ein kleiner Nieselregen entwickelt sich zu einem ausdauernden Gewitter. Ich ziehe die Regenhose über, habe aber schon wieder patschnasse Füße. Ich sitze in der Bushaltestelle, friere und warte auf den Bus, der 20 Minuten verspätet kommt. Spontan entschließe ich mich zu einer Planänderung und lasse mich in die Inselhauptstadt Angra do Heroísmo mitnehmen. Heute hätte die Wanderung im Regen und Nebel keinen Spaß gemacht und in zwei Tagen sollte schon wieder Starkregen herunterkommen. Wenn das Wetter schon hier an der Küste so schlecht war, wie sieht es wohl in 1000 Metern Höhe aus?

Ich schaue mir bei booking.com die Hotels in Angra an. Das Garden gefällt mir, ich war schon von mehreren Gardens auf anderen Inseln begeistert. Exklusiv bei Handybuchung sollen drei Nächte 169 € kosten, am Tresen sind es nur 147 €. Ich ziehe ein. Kommt auf dieser Insel eben zuerst die Belohnung und danach das Wandern (wenn überhaupt). ;-)

Angra do Heroísmo
Heute ist der erste der beiden Tage, an denen es zwar stürmen und bewölkt sein soll, aber zumindest war kein Regen angesagt. Ich mache einen Stadtrundgang. An vielen Stellen stehen große Tafeln "Angra a Pé", die die Fußwege und Sehenswürdigkeiten zeigen. Das reicht mir, ich brauche keinen Stadtführer.


Ich gehe zum westlichen Ende der Stadt und beginne dort mit der Besichtigungstour. Erst am Ufer entlang, dann auf die Burg. Dort verbringe ich viel Zeit mit Fotos schießen. Die Burganlage ist genau so, wie ich das aus Computerspielen kenne, mit Burggraben und Fallgruben vor der Mauer, die ein Anlegen von Leitern erschweren. Ganz links neben den Gruben gibt es übrigens eine Geheimtür in die Burg. Wenn ich auf den glatten Stegen zwischen den Gruben ausrutsche und hineinfalle, kommt mich hoffentlich jemand retten. Das Gelände ist kameraüberwacht.







Danach wandere ich die der Stadt vorgelagerte Halbinsel ab. Ich nehme jeden Abzweig, steige auf alle Berge und mache an jedem Aussichtspunkt mal Halt. Ein schönes Programm für einen Tag. Die Wege sind sehr gut in Schuß.


Mehr Kanonen
Für was ist dieses Ensemble wohl gedacht? Speziell die 4 Säulen?




Der höchste Punkt
Die kleine Festung in der Steilwand


Waldweg
Treppen
Zurück im Hotel fange ich mit der dritten Staffel von Picard an. Ich verlängere meine Hotelbuchung noch um einen weiteren Tag, weil es auch am 11.3. noch stark regnen soll.
Angra do Heroísmo
Heute sehe ich mir den östlichen Teil der Stadt an, die Pyramide und den botanischen Garten. Ich nehme den Plattform-Pfad über den Bach. Gegen 3 treibt mich der Regen wieder zurück ins Hotel. Ich schaue vorher noch beim Museum vorbei und merke mir das für morgen vor.







Blick über den botanischen Garten auf das Hotel
Brunnen

Angra do Heroísmo
Beim Frühstück war es heute Morgen richtig voll. Ein Basketballteam mußte eine Weile warten, ehe Plätze frei wurden. Vielleicht habe ich mit meiner Buchung ja Glück gehabt?

Eine Regenpause nutze ich, um ins Museum zu kommen, das ganz in der Nähe ist. Es gefällt mir sehr gut, besonders das Spätwerk von Rogério Silva, der gerade in einer Sonderausstellung zu sehen ist. Ich finde, er hat das Wesen der Azoren in seinen schönen geometrischen Formen gut eingefangen. Erinnert ein wenig an M.C. Escher. Bizarr ist auch, daß in der Kirche ein alter Leichenwagen geparkt ist. Ich bin der einzige Gast im Museum.









Cabeças Femininas - weibliche Köpfe



Angra do Heroísmo ↣ Ponta da Serra
Heute oder nie! Eine Regenlücke von zwei Tagen ist angesagt. Ich kürze meine Wanderroute um den Aufstieg von der Küste aus und lasse mich mit dem Taxi zum Start der Grande Rota do Oeste, der Großen Route des Westens, bringen. Nach vier Tagen in den wohlig warmen Hotelbettfedern weht mir wieder der rauhe Wind der Azoren um die Nase.


Hier startet die große Route im Sumpf
Ich gehe erst mal weiter auf den Pico Gaspar
Das erste Stück der Route geht die Asphaltstraße zurück, die ich mit dem Taxi gekommen war. Der Einstieg in den Wanderweg GR01 ist über eine sumpfige Wiese. Ich hoffe, daß der Rundwanderweg PRC01 zum Lagoa do Negro vielleicht trockener ist, und steige erst mal auf den Pico Gaspar. Oben verzweigen sich die Wege. Ich gehe links rum, bis der Grat so schmal wird, daß ich Angst habe, heruntergeblasen zu werden, dann den rechten Weg, der tiefer in die Caldera hineinführt.

Dann weiter zum Lagoa do Negro. Die Wege der lokalen Rundwanderungen sind wesentlich besser mit technischen Hilfsmitteln wie Holzbohlen und Geländern versehen, als die große Route. Nur an einer Stelle hat man sich mit dem zu erwartenden Höchstwasserstand verschätzt und der Bohlenweg liegt 20 Zentimeter unter Wasser. Ich weiche auf einen Nebenhang aus und hier kommt zum bisher einzigen Mal meine Heckenschere zum Einsatz, nachdem ich mich dort so in Brombeerranken verheddert hatte, daß ich den Rucksack absetzen mußte.


Der See ist klein, hübsch und schwarz. Nach einem Kilometer geht es auf der Großen Route 01 durch den gleichen Wald, nur ohne Holzbohlen weiter. Ist aber Ok, die Füße werden naß, aber ich versinke nicht im Morast.


Lagoa do Negro - der schwarze See
Weiter gehts auf dem GR01
An der Vogelbeobachterhütte am Lagoa do Cerro mache ich kurz im Sonnenschein auf den Holzbohlen Rast. Vögel sehe ich keine, dafür Frösche, die lautstark auf sich aufmerksam machen.

Danach gehe ich weiter entgegen des Uhrzeigersinns auf halber Höhe um den höchsten Berg der Insel herum. Generell geht der Weg meist auf Schotterpisten entlang, nur einige Stellen, zum Beispiel nach dem Lagoa do Cerro auf Fußwegen durch den Wald. Das lief sich wunderbar. Der Wind hatte noch eine extra Ladung Zweige von den Nadelbäumen geschüttelt und jeder Schritt federte sanft zurück.


Forststraße
Waldpfad


Vier Kilometer vor Etappenende geht es nochmal auf schmalem Fußweg einen Hangwald entlang. Diese Fußwege sind wahrscheinlich die einzige Chance, einen ordentlichen Übernachtungsplatz zu finden, wenn man nicht direkt neben der Straße nächtigen will. Der Wind pfeift selbst im Hochwald sehr stark, daß ich dort mit herunterfallenden Ästen rechne. Ich sehe ein winziges ebenes Wiesenstück direkt an der Waldkante, umgeben von niedrigen Bäumen. Als kurz danach der Regen einsetzt, gehe ich zu dieser Stelle zurück und baue mein Zelt auf.
Die Büsche rundum halten den Wind gut ab und sehen sturmerprobt genug aus, daß sie auch diese Nacht gut überstehen werden. Die nächsten größeren Bäume sind weit genug weg. Auf der Wiese sind gerade keine Stiere. Wenn noch welche kommen, muß der nur kniehohe Stacheldrahtzaun seine psychologische Wirkung entfalten.

Abends hört der Regen wieder auf und es scheint sogar die Sonne. Nur nicht zu mir. Ich lasse lange das Zelt offen und bemerke erst spät, daß ich hundert klitzekleine Fliegen von der Wiese im Zelt habe. Sie tun mir nichts, nerven nur.
Ponta da Serra ↣ Ponta do Queimado
Die Nacht war recht angenehm, allerdings war es auf 600 Metern schon deutlich kälter als an der Küste. Der Wind ließ Kaffeekochen zu und ich mache ein ausgedehntes Frühstück. Die Morgensonne trocknet das Zelt.

Als Erstes steht heute das kleine Seechen Lagoinha auf dem Plan, zu dem man über viele Holzstufen hinaufsteigt, aber leider nicht bis zum Ufer absteigen darf. Bleibt nur ein Foto von oben. Der Aussichtspunkt einige Meter weiter lädt nicht so sehr zum Fotografieren ein, denn die Berge sind schon wieder in den Wolken.

Die Wege sind sehr gut markiert und in gutem Zustand. Weil Terceira jüngeren Ursprungs ist als Santa Maria, hat sich noch nicht so viel Lehm gebildet und das Wasser fließt durch den vulkanischen Tuff besser nach unten ab. Nur an einer Stelle ist der Boden sehr morastig und der Stacheldrahtzaun am nur einen halben Meter breiten Weg läßt kein Ausweichen zu. Glücklicherweise kann ich neben dem Weg auf der Weide gehen, ansonsten wäre ich umgedreht. Stacheldraht hat schon mein liebstes Wanderhemd auf dem Gewissen.


Die haben ein Herz für Bäume und für Wanderer,
außer hier.


Beim Abstieg vom Negrã bemerke ich einige Obsidian-Splitter unter den Straßenkieseln. Weiter unten hat ein Bach große Stücke dieser vulkanischen Schmelzen freigelegt. Ich begnüge mich mit einem kleinen Splitter und dem Stein von der Straße. Ultraleicht-Wanderer können also ihr Taschenmesser zu Hause lassen. ;-)


Obsidian-Stein als Straßenschotter
Obsidian-Brocken
Am Parkplatz des Rundwanderwegs PRC03 kommen mir zwei allein wandernde Frauen entgegen, die einzigen Urlauber, die ich in den zwei Tagen treffe. Nach Überquerung der Ringstraße wird es nochmal richtig abenteuerlich. Zum Leuchtturm von Serreta und zurück umrundet man die Halbinsel. Es geht durch mehrere Täler hoch und runter durch aufgegebene und vom Wald überwucherte Handtuchfelder. Es gibt sehr viele Markierungen an den Bäumen und die braucht man auch, um die ständig wechselnde Wegrichtung zu finden. Zwischendurch hat man wunderbare Ausblicke auf die Steilküste. Hat mir sehr gefallen.







Steilküste
Abstieg zum Aussichtspunkt über dem Meer
Am Leuchtturm stehen Tische und Bänke, es gibt Toiletten und Wasser. Um dort zu übernachten, war das Gelände zu windig. Auch kamen abends ab und zu Autofahrer vorbei. Ich gehe noch den Rest der Straße bis zur Spitze der Insel. In OSM ist dort ein "free camping" eingetragen. Offensichtlich von einem Witzbold, denn wer würde schon sein Zelt in unebenen und scharfkantigem Lavagestein aufschlagen, noch dazu völlig ungeschützt?
Ich setze mich auf den von der Sonne erwärmten Beton und schaue die Steilküste hinunter aufs Meer. Ein Einheimischer kommt an und baut seine Angel zusammen.
Für morgen ist ab Mittag wieder ein Regenband angesagt. Ich will die eine Nacht noch im Freien verbringen, am besten in einer der vielen aufgegebenen Parzellen, die ich herzu durchquert hatte. Das Problem war wieder Mal der Wind. In der Mitte der Halbinsel war er geringer. Da standen riesige Bäume. Es lagen aber auch große Äste drumrum. Außerdem konnte man die Äste, die noch am Baum waren, nicht schütteln und kontrollieren, weil man nicht ran kam. Also lieber was nahe an der Steilküste gesucht. Dort weht mehr Wind, aber die Bäume sind kleiner, das Blattwerk ist dichter und herunterfallende Äste nicht ganz so tödlich. Ich räume mir einen Platz frei, teste alle Bäume rundrum, lege die verdorrten Stämme um, die noch an anderen Bäumen festhingen, und baue das Zelt auf.

Nach einer Weile wird mir doch mulmig, das knarzt und scheppert rundum. Ich gehe nochmal los, ob ich noch was Besseres finde. Tatsächlich gibt es noch einen ruhigeren Fleck, wo ein Talgrund in die Steilküste mündet. Ein kleiner Felsblock bietet zusätzlich Windschutz. Ich bereite auch diese Fläche vor und ziehe um. Nachdem man die obersten frischen Äste abgesammelt hat, ist der darunterliegende Boden aus verrottetem Holz und Laub wunderbar weich.
Heute gibt es endlich mal warmes Abendbrot, eines der Fertiggerichte.

Ponta do Queimado ↣ Praia da Vitória
In der Nacht legt der Wind nochmal zu, aber ich schlafe entspannt. Außer zu den Zeiten, wo die Gelbschnabel-Sturmtaucher Rabatz machen, von denen ich offenbar eine Kolonie in der Steilwand unter mir hatte. Sie hatten mir schon gefehlt. :-)
Gelbschnabel-Sturmtaucher tummeln sich nach Einbruch der Dunkelheit über dem Zelt
Zum Kocher anwerfen ist es am Morgen zu windig. Ich packe zusammen und gehe die Hauptstraße entlang bis zur ersten Bushaltestelle. Die ist zwar eingestürzt, aber der Bus wird vermutlich trotzdem dort halten. Hinter mir zäunt ein junger Mann seine vier hübschen schwarzen Jungstiere mit Elektrodraht ein. Sie sind fürs Rodeo bestimmt. Nachdem er den Strom angeschlossen hatte, nimmt er mich zur nächsten Bushaltestelle mit, die etwas Wetterschutz bietet.

Nach anderthalb Stunden kommt der Bus nach Angra, von dort nehme ich den nach Praia und suche mir schon um 12 Uhr ein Hotel, bevor die Regenfront ankommt.
Die Stadt ist schnell auf dem Weg zum Supermarkt erkundet. Am Ufer gibt es eine schöne lange Wand mit zu unterschiedlichen Themen bemalten Fliesen zu bewundern. Den Strand vor meinem Hotel kann man leider nicht betreten, weil der Sturm aus dem Sand einen Sandsturm erzeugt. Die Sandkörner tun richtig weh, wenn sie auf die Haut treffen.
Ich schreibe lieber Blog. Mir ist aufgefallen, daß ich in 13 Monaten alle Inseln der Azoren bewandert habe. Dafür sollte es doch wenigstens das azorianische Wanderabzeichen in Bronze geben!

Praia da Vitória ↣ São Miguel
Beim Zusammenpacken auf Flug-Konfiguration fällt mir auf, daß meine für heute geplante Verbindung nach Nordeste nicht funktioniert. Der letzte Bus fährt nur am Freitag dahin, sonst endet er vorher. Da werde ich eine Nacht in der Jugendherberge in Ponta Delgada einschieben müssen. Schade, ich hatte mich auf den Zeltplatz Nordeste gefreut.
Der Wind hatte etwas nachgelassen, so daß ich mir auch den Strand ansehen konnte. Ich laufe bei schönstem Sonnenschein zum Flughafen. Dort habe ich noch zwei Stunden Zeit, für die ich auf einer Wiese meine Isomatte ausrolle, die restlichen Schweinsohren und den Rest Rotwein von gestern vertilge und es mir gut gehen lasse.


Praia Hafen
Sand-Ernte
Mit der Jugendherberge wurde leider nichts. Kurz vor mir war eine Gruppe von etwa 30 Leuten dort angekommen. Etwa zehn von denen standen im Vorraum beim Empfang und unterhielten sich so laut, daß ich mich kaum mit dem Personal verständigen konnte. Draußen schrie der Chef mit Weihnachtsmannmütze auf die Leute ein. Außerdem hatte man an drei "Gruppenleiter" Trillerpfeifen verteilt, damit sie auf sich aufmerksam machen konnten und die nutzten sie auch. Ein Tollhaus!
Nur halbherzig erkundige ich mich noch nach einem Einzelzimmer ohne Bad. Dafür wollen sie 50 € haben, booking.com sagt 38 €. Ich frage nochmal nach, habe aber keine Lust zu feilschen, da gehe ich lieber ins Hotel.
Ich komme wieder im Alcides unter. Auch hier will man erst 2 € mehr haben als die 48 € von booking.com, gibt mir aber bereitwillig den niedrigeren Preis. Solange die Sonne noch scheint, stromere ich noch in der Stadt umher und gehe früh zu Bett. Deutsche Welle gibt es nur auf Englisch.

Ponta Delgada ↣ Água Retorta
Der Bus nach Nordeste geht erst 11 Uhr. Die Fahrt war sehr anstrengend. Gefühlt hundert Täler waren zu überqueren, jedes Mal rechts runter rein in das Tal, scharfe Kurve über den Bach und wieder hoch raus aus dem Tal. Vor mir saßen Vater und Sohn, denen es beiden ersichtlich nicht gut ging und die irgendwann ausgestiegen sind und auf den nächsten Bus gewartet haben.

Von Nordeste bin ich die Landstraße bis zum Einstieg in den Wanderweg gegangen, der bis zum Strand hinunterführt. Leider war der wegen Steinschlag gesperrt, so daß ich auch den Rest des Tages noch Asphaltstraße gegangen bin. So war ich wenigstens flott unterwegs. Ich konnte ja erst später als geplant starten.

Auf dem Naherholungsplatz "Reserva Florestal de Recreio Água Retorta", von dem ich morgen in die offizielle Wanderroute starten werde, ist Camping testweise erlaubt. Ich war 18 Uhr hier und habe mir noch im Hellen mit der Feuerkanne Abendbrot gemacht. Es scheint niemand sonst hier zu sein, auch wenn auf dem Parkplatz noch ein dunkles Auto steht. Gerade, als ich im Zelt bin, beginnt es zu nieseln.

Água Retorta ↣ Povoação
Am Morgen nutze ich noch mal meine Feuerkanne für einen Kaffee. Als ich schon am Zusammenpacken bin, kommen erst der Förster mit Hündchen und dann ein Trupp Waldarbeiter vorbei, die unter anderem den großen Baum zersägen, der gleich neben der experimentellen Campingfläche auf den Weg gekippt war. Das muß erst vor kurzem passiert sein, die Zweige waren noch frisch.

Einen Kilometer nach meinem Übernachtungsplatz startet der Wanderweg. Gemessen an dem, wen ich auf den anderen Inseln getroffen hatte, war hier richtig was los. Ich treffe ein Pärchen aus Österreich und es tut gut, wieder ein paar deutsche Worte zu wechseln.

Mein Ziel war heute, mit trockenen Socken durchzukommen, und das habe ich auch erreicht. Die Wege waren schon gut wieder abgetrocknet. Ich hatte mir aus vier offiziellen Routen (PR 11, PRC 09, PRC 40 und PR 18) die direkteste Verbindung nach Povoação zusammengebastelt, weil es nur dort eine Übernachtungsmöglichkeit gab. Der Weg war dadurch recht abwechslungsreich.



In Povoação nehme ich mir ein Zimmer im Hotel do Mar, wieder mal deutlich günstiger als bei booking.com. Da leiste ich mir auch die 11 € Aufpreis für die Seeseite. Viel habe ich nicht davon, denn in 3 Stunden geht die Sonne unter.


Ich erkunde noch den Ort und Hafen, kaufe ein und sehe mir alles nochmal vom coolen Aussichtsturm des Hotels aus an. Da hängt ein gigantischer Holz-Leuchter. Auch hinter der Rezeption hängt ein hübsches Relief aus Holz, das ich morgen noch fotografieren muß.


Mole
Brunnen



Der Fernseher hat mal wieder keinen einzigen deutschen Sender, so daß ich mit Picard weitermache.
Povoação ↣ Furnas
Beim Frühstück treffe ich die beiden Österreicher wieder. Sie wollen heute Abend in Furnas Cozido essen (so heißt hier der auf frischer Lava gekochte Eintopf, der anderswo Curanto genannt wird). 9:30 Uhr habe ich meine verstreuten Sachen zusammengepackt und gehe los.

Der originale Einstieg in die Route nach Ribeira Quente durch die Steilwand scheint nicht mehr zu existieren. Es geht gleich mit der Asphaltstraße los. 100 Meter bevor ich die Kirche erreiche, kommt dort ein Trupp von etwa 30 religiösen Fanatikern heraus, in Sackleinen gekleidet und mit langen Schäferstäben. Wir haben anscheinend den gleichen Weg. Ich laufe 100 Meter hinterher. Ein Mann an der Straße spricht mich an und ich setze mich zu ihm, um etwas Abstand entstehen zu lassen. Er ist geschieden, wohnt in einem kleinen Häuschen an der Straße, findet São Miguel wunderbar und den Krieg in der Ukraine Scheiße. Da stimmen wir überein. Er bietet mir was von seinem Rotwein an, aber ich muß ja noch wandern.
Die Höhenmeter gewinnt man lange Zeit nur über Landstraßen. Erst oben schwenkt man auf einen Fußweg ein, der an der Küste entlangläuft. Im ersten Tal kommen mir zwei Asiaten entgegen und meinen, daß der Weg unpassierbar sei. Das Handybild zeigt einen normalen 30 Zentimeter breiten Fußweg mit Waldboden und einem Abhang daneben. Nichts Ungewöhnliches. Ich sage ihnen, daß ich mir das selber ansehen will, und gehe weiter. Es ist ein schöner Weg.


In Ribeira Quente setze ich mich auf die Bank gegenüber vom SPAR in den Schatten und esse die letzten beiden Mandarinen. Den Weg nach Furnas hatte ich mir selber herausgesucht. 400 Meter nach Ortsende geht links ein Weg steil den Hang hoch. Wie das immer so ist, wenn ich Wege gehe, von denen ich nichts weiß, außer daß da ein Strich auf der Karte ist, macht sich eine gewisse Spannung breit. Wird er durchgehen? Oder muß ich alles wieder absteigen?


Der Anfang macht einen sehr guten Eindruck, der ist erst diese Woche ausgeschnitten worden, die abgeschnittenen Triebe sind noch grün. Auch weiter oben geht gut erkennbar ein Pfad durch den Wald. An einer Stelle hat es vor kurzem einen Hangrutsch gegeben, ein großer Baum mit vielen Ästen versperrt den Weg. Es dauert eine Weile, bis ich mich mit meinem voluminösen Rucksack da durchgefädelt habe. Danach ist der Weg wieder sehr schön.


Baumhindernis vom Hangrutsch oberhalb
Hangrutsch unterhalb


Eine alte Wegmarkierung zeigt mir, daß das früher mal ein offizieller Wanderweg war.
Eingang in den Kammweg

In Furnas hatte ich mir heute Morgen ein Zimmer im Victorias Guesthouse gebucht, weil die Hotelpreise im Ort exorbitant hoch sind. Ich habe ein Zimmer mit Garden View, nur ohne Fenster. Etwas Licht fällt durch die Tür vom Vorraum zur Veranda. Ich setze mich erst mal mit einem Glas mitgeschleppten Rotweins auf die Terrasse und freue mich, angekommen zu sein. Das wird für die nächsten drei Tage mein Zuhause. Danach gehe ich vor Einbruch der Dunkelheit noch einkaufen.

Furnas
Ich gehe den Tag langsam an, frühstücke mit meiner Zimmernachbarin, mit der ich Terrasse und Katze teile, und warte den Regen ab.
Heute noch mal wandern oder lieber Therme? Diese Frage stellt sich mir lange. Ich entscheide mich für See-Umrundung, dann habe ich morgen den kompletten Tag bei Sonnenschein in der Therme.
Erst als die Kirchturmuhr 12 Mal schlägt (und in Folge ihr komplettes Repertoire herunterbimmelt), raffe ich mich auf loszugehen. Ab und zu kommen immer noch kurze Schauer runter.
Ich war von meiner Nachbarin schon vorgewarnt worden, daß die Runde um den See drei Euro Eintritt kostet. Ich gehe bis zu der Stelle, wo die kassiert werden, und drehe dann wieder um. Aus dem Boden kommen große Mengen vulkanischer Gase und es stinkt nach Schwefelwasserstoff. Die drei Euro sind sicher vollkommen gerechtfertigt, um die Krankenhauskosten und Hinterbliebenenversorgung der Kassiererin zu zahlen, die dort tagein, tagaus ohne Gasmaske arbeitet.


Ufer des Furnas-Sees
Kostenpflichtiger Bereich
Auch aus den Wänden der in den Berg gehauenen Straßen-Abkürzung und anderen Stellen, an denen man in die Erde gepiekst hat, qualmt es. Ich hoffe mal, daß der Vulkan es nicht eilig hat, erneut auszubrechen. Furnas liegt weit unterhalb des Sees und der Damm Richtung Ort ist nur 30 Meter breit (die Straßenkreuzung).

Ich gehe den Weg neben der Straße Richtung verfallene Kirche am anderen Ende des Sees. Es herrscht Hochwasser (1,14 Meter Pegel) und Teile des wunderschön mit vielen Kamelien bepflanzten Ufers sind überschwemmt. Das gibt ein paar schöne Fotomotive ab.


See-Abfluß
Pegel




Gegen 14 Uhr kehre ich um und laufe den gleichen Weg wieder zurück. Zu Hause angekommen, läßt sich die Sonne blicken, ich mache mir Nudeln mit Pesto, was ich seit Corona kann, und genieße einen Rotwein dazu. Meine neuen Nachbarn, ein asiatisches Pärchen, bleiben lieber unter sich.

Furnas

Heute also Erholung pur! Das Wetter ist danach. Früh scheint schon die Sonne durch Wolkenlücken, danach gibt es strahlenden Sonnenschein. Ich sehe mir erst die frei zugänglichen Parks im Osten des Ortes an. Da qualmt und stinkt es beeindruckend aus vielen Löchern. Fast wie in Island, nur die Geysire fehlen.












Hier könnte man baden gehen,
und hier öffnet sich eine Quelle mitten im Weg.





Magnolien,
Strelitzien,


Azaleen,
Klivien.
Dann zahle ich meine 10 € Obulus für den Parque Terra Nostra. Ich bin begeistert. Erst bade ich eine Stunde im braunen warmen Wasser, dann sehe ich mir den Park an.

Wirklich klasse, daß ich im Winter hergekommen bin. Die vielen Kamelien stehen in voller Blüte. Beeindruckend, wie verschwenderisch die mit dem Rot umgehen!



















eine Grotte,
Brunnen.
Schade, daß der Park schon 16:30 Uhr schließt. Vorher gehe ich nochmal ins Wasser.
Am Abend bin ich allein im Haus. Es gibt wieder Nudeln, ich packe schon alles zusammen und schaue auf dem Handy-Display Serien.
Furnas ↣ Ponta Delgada
Früh regnet es. Von Furnas fahren Busse entlang der Nord- oder Südküste nach Ponta Delgada, die Südküste kenne ich noch nicht, deshalb geht mein Bus 8:50 Uhr. Viel sehe ich nicht, es ist neblig.

Auch dieses Jahr ist meine letzte Übernachtung im Talisman. Für 55 € bekomme ich ein Zimmer, das auf einen Lichtschacht zeigt, nicht so gut wie letztes Jahr, aber für eine Nacht sollte es reichen. Auch vom guten Frühstück werde ich nichts haben, denn es startet wie in allen anderen Hotels bisher auch 7:30 Uhr, und da will ich mit Taxi losfahren. Das Frühstück zum Mitnehmen, das ich als Kompensation bekomme, ist eher ein Witz: 2 fast trockene Toastscheiben, 5 Kekse, Apfel und Papp-Drink auf einem Tablett, wo noch Platz für mehr gewesen wäre.

Was mache ich nun mit meinem letzten Tag? Zuerst mal ins große Einkaufszentrum. Ich will noch einen der ultimativen Aluminium-Vorrats- und Kochtöpfe kaufen, weil meiner schon Dellen hat. Gibt es leider nicht mehr.


Danach laufe ich zum Flughafen. Ich hatte den Kalkstein mit Obsidian-Splittern, den ich von Terceira mitgebracht hatte, gleich am Flughafenzaun abgelegt, weil ich ihn nicht auf der Insel mit rumschleppen wollte. Den hole ich lieber heute schon, ehe ich es morgen in der Hektik vergesse. Er liegt noch da, wer klaut schon einen Stein unter vielen? Rückzu nehme ich mal für 50 Cent den Bus.
Ich setze mich noch auf das Dach des Talisman, eigentlich in der Absicht, wie letztes Jahr zum Abschluß in den Pool zu springen. Der ist recht kühl und ich bin von gestern verweichlicht, also lasse ich es. Erst spät kämpft sich etwas Sonne durch die Nebelschichten.
Heimreise
Eigentlich wäre genug Zeit für ein Frühstück gewesen. Das Taxi bringt mich in 10 Minuten zum Flughafen und dort geht es erst mit einer Stunde Verzögerung los. Auch die Flüge nach Frankfurt und Dresden waren beide verspätet. Bei letzterem wurde es nochmal spannend, weil wir erst kurz vor Eintritt des Nachtflugsverbots abheben konnten. Glücklicherweise holt mich mein Bruder vom Flughafen ab, ich war recht knülle.
Das war es erstmal mit den Azoren. Mal sehen, wo ich den nächsten Winter verbringe.
