Via Apsyrtides
Tom Schilling
Kroatien 2025
Für meine Mutter
Impressum
Auflage Oktober 2025
© Tom Schilling, Dresden, Deutschland
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Inhalt
- Vorbereitung
- Dresden → Insel Cres
- Porozina → Beli
- Beli → Predošćica
- Predošćica → Cres
- Cres → Valun
- Valun → Vidovići
- Vidovići → Ustrine
- Ustrine → Križica
- Križica → Ćunski
- Ćunski → Mali Lošinj
- Mali Lošinj
- Mali Lošinj → Veli Lošinj
- Veli Lošinj
- Veli Lošinj → Südspitze → Veli Lošinj
- Veli Lošinj → Omišalj
- Omišalj → Dresden
- Fazit
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2025 Auf der Via Apsyrtides unterwegs über 3 kroatische Inseln.
L 174 km, H 3400 m, R 3400 m, O 639 m, U 0 m, Z 14 Tage
Inhalt
- Vorbereitung
- Dresden → Insel Cres
- Porozina → Beli
- Beli → Predošćica
- Predošćica → Cres
- Cres → Valun
- Valun → Vidovići
- Vidovići → Ustrine
- Ustrine → Križica
- Križica → Ćunski
- Ćunski → Mali Lošinj
- Mali Lošinj
- Mali Lošinj → Veli Lošinj
- Veli Lošinj
- Veli Lošinj → Südspitze → Veli Lošinj
- Veli Lošinj → Omišalj
- Omišalj → Dresden
- Fazit
Vorbereitung
Nur die Türkei im Frühling und eine Woche Paddeln in Mecklenburg reicht mir nicht für dieses Jahr. Ich mußte dringend noch was unternehmen! Manchmal kommen mir Ideen, wenn ich einfach nur auf topographischen Karten wie der Reit- und Wanderkarte herumspaziere. So auch diesmal. Rechts neben Italien entdecke ich eine schöne lange Insel und darauf ist ein Wanderweg eingezeichnet. Eine Internet-Recherche fördert die Via Apsyrtides zutage, ein Wanderweg, der erst 2024 eröffnet wurde. Er hat Berge und Meer und liegt in Kroatien, wo ich noch nicht gewandert bin. Das könnte was werden!
Die Route verläuft über die drei Inseln Cres, Lošinj und Ilovik. Die ersten beiden sind mit einer Brücke verbunden, Ilovik erreicht man nur per Boot. Mein eigenes Boot nehme ich diesmal nicht mit, sondern vertraue darauf, daß mich schon irgendwer übersetzen wird.
Die Tour ist in Englisch auf der Webseite viaapsyrtides.hr beschrieben. Wanderführer in Deutsch scheint es noch nicht zu geben. Zu jeder der 11 Etappen gibt es auf der Webseite eine kurze Beschreibung der Sehenswürdigkeiten, ein paar Serviceinformationen und den GPS-Track auf der Karte und zum Herunterladen. Ich habe die Etappen mal aneinandergehängt und Wasserquellen, Läden und andere Infos als Wegpunkte hinzugefügt:
Track Via Apsyrtides komplett.
Etwas versteckt unter "About Project" gibt es für den Nordteil von Cres auch eine Wanderkarte im Maßstab von 1:50.000 zum Herunterladen: Karte von Cres. Von der erfährt man die lokalen Wegbezeichnungen, falls Wegweiser damit beschriftet sein sollten.
Ich buche kurz entschlossen den letzten günstigen Flug im Oktober nach Rijeka und sehe erst im Nachhinein, wo der gleichnamige Flughafen eigentlich liegt. Im Osten von Cres, 26 km von Rijeka entfernt. Um nicht bei der Anreise schon zu viel vom Wanderweg zu spoilern, will ich meine Wanderung in Porozina beginnen, was man mit der Fähre von Westen aus erreicht. Von da komme ich zu Fuß zum nördlichsten Punkt der Inseln, dem Start der Via Apsyrtides. Am Anreisetag werde ich also einen großen Bogen um das Nordende der Insel schlagen.
Öffentlichen Nahverkehr gibt es vom Flughafen als Bus-Shuttle. Erst auf den letzten Drücker ist der Oktober-Fahrplan auf der Flughafenwebseite verfügbar. Am 11.10. fährt ein Bus um 11:30 Uhr, mein Flugzeug kommt 11 Uhr an. Hoffentlich bekomme ich mein Gepäck so schnell. Ansonsten werde ich eben um den Flughafen herum die 4 Kilometer bis nach Omišalj laufen, zumal ich unterwegs an einem Laden vorbeikomme, der Gaskartuschen verkauft. Leider nur große.
Ich nehme ein Zelt mit, um auf alles vorbereitet zu sein. Schade, daß einige der schönen Zeltplätze im Oktober bereits geschlossen sind. Auch andere Übernachtungen sind um diese Zeit kaum noch zu bekommen. Auf Google Maps kann ich erahnen, was es im Sommer alles gibt. Dummerweise ist bei den Quartieren fast nie eine E-Mail-Adresse angegeben, nur Telefonnummern. Eine Telefonnummer mag praktisch sein, wenn ich vor der Tür stehe und Einlaß begehre. Zur Anfrage ist sie ungeeignet. Mails lassen sich sichten, wenn es gerade paßt, wenn notwendig auch an ein Übersetzungsprogramm verfüttern und man kann später noch nachschauen, was vereinbart wurde. Telefongespräche ins fremdsprachige Ausland sind dagegen immer nur Krampf. Man stört die Menschen bei Ihrer Arbeit, hat häufig jemanden an der Leitung, der kein Englisch oder Deutsch kann und versteht die Antwort nicht.
Weil abzusehen war, daß ich erst im Dunklen in Porozina ankommen werde, wollte ich mir dort ein Quartier buchen. Nur eines, das Tramuntana Holiday Home, hat auf der Webseite eine E-Mail-Adresse angegeben. Auf meine Anfrage nach einer Unterkunft oder einem Platz für mein Zelt bekomme ich die Antwort, daß das Haus für 7 Leute vorgesehen ist und in dieser Zeit nicht vermietet wird. Insgeheim hatte ich gehofft, daß man in so einem kleinen Ort miteinander kooperiert und mir irgendwas anderes anbieten kann. Vermutlich ist man auf meine Almosen nicht angewiesen, weil man im Sommer genug verdient.
Zur Dokumentation nehme ich einen Fotoapparat, eine 360°-Kamera und ein Handy mit. Auf die Bilder der ersten beiden kann ich während der Wanderung nicht zugreifen. Unterwegs gibt's also nur die karge Kost aus dem Handy, vorwiegend Fotos der jeweiligen Übernachtung. Die volle Schönheit ist erst hinterher zu sehen.
Dresden ↣ Insel Cres
K km 5, L 5 km, U 0 m, O 250 m
Der Start ist etwas holprig. Das Auto meines Bruders springt nicht an. Taxis sind keine zu bekommen. Anrufe auf der Hotline werden nur mit dem Spruch beantwortet, daß wegen erhöhtem Verkehrsaufkommen keine Bestellungen entgegengenommen werden. Es ist Sonnabend 5 Uhr. Die Straßen sind leer. Ich versuche, mich in die Innenstadt durchzuschlagen, da könnte vielleicht ein Taxi stehen. Unterwegs frage ich den Fahrer eines an einer Kreuzung haltenden Wagens, ob er sich 50€ verdienen will. Er muß zu Arbeit. Um mit der Straßenbahn und Bus zum Flughafen zu kommen, ist es zu spät. Ich nehme wenigstens die Bahn Richtung Postplatz und rufe permanent die Taxi-Hotline an. Am Pirnaischen Platz komme ich durch und bestelle ein Taxi dahin. Mit dem erreiche ich kurz nach dem offiziellen Check-In-Ende den Flughafen. Ein Schalter ist noch besetzt und ich kann mein Gepäck abgeben. Der Urlaub ist gerettet!
Der Rest der Anreise verlief besser als erhofft. Der Flughafen Rijeka ist so klein, daß es kein Zufall ist, wenn das Shuttle 30 Minuten nach Ankunft eines Flugzeugs fährt. Und natürlich wartet das Shuttle, bis der Letzte sein Gepäck hat. In Rijeka bekomme ich im Sportladen meine Gaskartusche, die letzte mittelgroße. Der Laden, in dem ich das Busticket zur Fähre kaufen will, hat geschlossen, obwohl das Schild was anderes sagt und Licht brennt. Ich gehe um die Ecke zu den Bussteigen und sehe gerade den Bus einfahren, der eigentlich schon zehn Minuten weg sein sollte. Ehe ich zur Besinnung komme, sitze ich im Bus nach Zagore und lasse mich zum frühestmöglichen Zeitpunkt am Fußweg zur Fähre absetzen.
Die 250 Höhenmeter abwärts laufe ich auf einem Wanderweg durch Wald. Eine schöne Einstimmung auf die Tour, nur der Einstieg in den Weg vor einem Neubau und der Weg nach der Straßenquerung sind schwer zu finden. Für Letzteren muß an den richtigen Koordinaten von der Straße einen Schritt ins Gebüsch machen, dann sieht man ihn sofort. Der Abstieg endet an der Hafenbar. Ich gönne mir ein Bier und packe meinen Rucksack auf Wanderkonfiguration um. Es ist warm und es scheint die Sonne. Das Leben ist schön!
Wegmarkierung
Weg zum Fährhafen Brestova
Die Fähre kommt erst in zwei Stunden. Als sie anlegt, frage ich die Leute, woher sie ihre Tickets haben. Ich war davon ausgegangen, daß sie in der Bude neben der Schranke verkauft werden und die war geschlossen. Weit gefehlt, die Verkaufsstelle ist 400 Meter entfernt den Hang hoch! Damit Autofahrer am Ende der Schlange Tickets kaufen können. Ich renne los und schaffe es mit den letzten Autos gerade so zurück auf die Fähre. Wie dusselig von mir, das hätte ich auch in der Karte sehen können!
Ich bin der einzige Fußgänger auf der Fähre. Ansonsten gibt es nur Autos, Motorräder und Radfahrer. Am Ufer gehe ich nach links in den Ort, alle anderen fahren nach rechts. Im ersten Haus wird eine große Party gefeiert. Weil es mit der Übernachtung im Ort nicht geklappt hat, will ich es in der verbleibenden Stunde bis Sonnenuntergang bis auf die Hochfläche schaffen. Ich vermute oben im Wald die besten Übernachtungsplätze.
Erste Wegmarkierung der Via Apsyrtides
Duftkraut
Schon in Porozina finde ich die erste Wegmarkierung der Via Apsyrtides und hölzerne Wegweiser. Der Anstieg ist angenehm zu gehen und das Heidekraut duftet verführerisch, sobald man es berührt.
Auf dem Weg scheuche ich zwei Rehe hoch. Später flüchtet noch eine Hirschkuh aus ihrer Lehmmulde. Schon vor der Hochfläche finde ich abseits des Weges eine schöne ebene Stelle für mein Zelt. Ich sammle alle Äste weg, baue das Zelt auf, liege Probe und schlafe ohne Abendbrot ein. In der letzten Nacht hatte ich nur 2 Stunden geschlafen.
GPS: 45.14505, 14.30820
Porozina ↣ Beli
K km 20, L 15 km, O 310 m, U 0 m
In dieser Nacht habe ich einen sehr leichten Schlaf. Wegen der Windstille höre ich die Laute der Tiere besonders deutlich. Es gibt Vögel, die ein Geräusch wie Husten erzeugen. Rehe bellen in der Ferne. Aber den meisten Lärm macht ein Wildschwein, das die ganze Nacht umherzieht und dabei unentwegt grunzt. Leider ist es nie so nahe gekommen, daß ich das ordentlich aufnehmen konnte. Am Morgen öffne ich den Reißverschluß des Innenzelts und scheuche ein Reh hoch, das direkt vor meinem Zelt gelagert hatte. Was mich als Anwohner in den Wahnsinn treiben würde, ist das tieffrequente Brummen der Fähre, die von meinem Platz 3-4 Kilometer entfernt ist, und immer noch nervt.
Dreiviertel zehn habe ich fertig gefrühstückt und gehe los. Der Weg durch den Wald ist wunderschön. Meist laufe ich auf wenig ausgetretenen Pfaden. Die Markierung ist hervorragend, auch auf dem Zubringer zum eigentlichen Wanderweg Via Apsyrtides. Wenn man 10 Meter kein Wegzeichen gesehen hat, hat man sich verlaufen oder ist unachtsam.
Wanderweg
Herrenhaus-Ruine in Ivanje
Ich bin weiter auf dem Weg zum nördlichsten Punkt der Insel, dem Beginn der Via Apsyrtides. Kurz vor Ivanje steht ein Granatapfelbaum am Weg. Während ich noch überlege, ob die wohl reif sind, sehe ich, daß der unterste Granatapfel aufgeplatzt ist und innen verlockend rot leuchtet. Ich nehme ihn mit, um bei der ersten Rast festzustellen, daß er noch quietschsauer ist. Da bleibe ich lieber bei meinen mitgebrachten Äpfeln aus der Heimat.
In Ivanje begegne ich einem Einheimischen. Weil ich auf der Karte eine Position weit neben der Straße angezeigt bekomme, frage ich ihn nach dem Weg zum nördlichsten Anwesen der Insel, genannt Konac, zu deutsch Ende. Östlich neben dem Wanderweg gibt es einen Fahrweg. Den will ich für den Hinweg nutzen, um nicht zweimal das Gleiche zu laufen. Er empfiehlt mir den Abstecher zum Aussichtspunkt.
Ein Haus in Konac scheint noch bewohnt. Es hat ein Solarpanel an der Südwand und ein hübsches Schild über dem Eingang. Der Rest sind Ruinen. Der Aussichtspunkt ist ein verfallenes Militärgebäude, 100 Meter nach Konac. Eine angelehnte Holzleiter führt aufs Dach, von dem aus man tatsächlich einen phantastischen Rundumblick hat.
Aussichtspunkt
In der Zisterne vor dem Haus ist Wasser.
Hinter dem Haus steht eine Sitzgruppe. Für eine längere Rast ist es im Schatten zu kalt. Ich lasse den Rucksack dort und mache mich an den Abstieg zum nördlichsten Punkt der Insel. Unter mir grunzt schon wieder sehr ausdauernd ein Wildschwein.
Nördliches Ende der Via Apsyrtides.
Inhalt des Metall-Kastens.
Am offiziellen Startpunkt der Via Apsyrtides gibt es eine Info-Tafel und eine Stempelbox. Ich weiß nur nicht, was ich stempeln soll. Ich gehe noch bis zum Rand der Steilküste und schaue hinunter. Den Abstieg zum Wasser schenke ich mir. Er sieht gefährlich aus.
Blick von der Steilküste auf wunderbar klares Wasser.
Die Wellen zweier schon weit entfernter Boote überlagern sich zu Schaumkronen.
Nach einer kurzen Rast und dem Verzehr der letzten mitgebrachten geschmierten Schnitten mache ich mich auf den Rückweg. Die erste Etappe der Via Apsyrtides geht bis Beli, wo ich zum Campingplatz Brajdi absteigen und dort übernachten will.
Im Nordteil der Insel gibt es etwas noch Fieseres als Brombeersträucher. Als Bäume und Büsche steht hier eine sehr stachlige Pflanze herum, laut Google Bilderkennung ist es Christusdorn (Paliurus spina-christi). Berührt man nur leicht ihre Zweige, fangen einen die gekrümmten Dornen ein und je mehr man zerrt, desto weiter bohren sie sich in das Fleisch oder in den Rucksack. Ich schaffe es, bei den vier mal, die ich dieses Stück Weg vom Abzweig zum Aussichtspunkt gehe, drei mal am gleichen Zweig hängenzubleiben. Meine Regenhülle hat den ersten Riß.
Bis Ivanje geht es diesmal auf dem Wanderpfad, danach kurze Stücke auf Fahrwegen und wieder Fußwege. Nur der Abstieg nach Beli ist auf einer neuen Schotterstraße. Außer der Via Apsyrtides sind noch einige andere Wanderwege markiert, alle mit einem farbigen Kreis mit weißem Zentrum. Dadurch sind die Wegränder sehr farbenfroh bemalt.
Feldweg
Tafel für eine Hundertjährige.
Ein Schild lockt zum Labyrinth. Eine schöne Beschäftigung für Kinder und Rätselheftkäufer. Aktuell probierten sich Schafe daran aus, die aber die Regel nicht verstanden haben, daß man nicht einfach über die Steine treten darf.
Die Pansion Tramontana kurz vor Beli scheint noch geöffnet zu sein, ein Besucher steht im Vorgarten. Ich merke mir, daß ich hier bis 20 Uhr was zu Essen bekomme und wahrscheinlich auch unterkommen kann, falls das mit dem Zeltplatz nichts wird.
Bevor ich zum Zeltplatz absteige, nehme ich mir die Zeit für die Besichtigung von Beli, einem sehr kompakten Ort auf einer Bergkuppe. Ich gehe durch schmale Gassen, in denen außer mir nur ein Liebespaar unterwegs ist. Die Touristeninformation ist geschlossen und den in OSM eingezeichneten Laden finde ich nicht.
Sind das Brunnen? Warum sind die doppelt?
Die fördert kein Wasser mehr.
Auf der Straße stört mich ein rhythmisches Klackern beim Laufen. Ich hatte mir irgendwo eine Stacheldraht-Krampe eingetreten, die die Sohle fast komplett durchbohrt hatte. Zum Camping geht es 100 Höhenmeter abwärts auf einer sehr steilen Betonstraße. 18 % Gefälle steht auf einem der vielen Verkehrsschilder am oberen Ende.
Stacheldraht-Krampe
Straße zum Camping Brajdi
18 Uhr komme ich auf dem Zeltplatz an. Die Rezeption ist nicht besetzt. Auf einem Schild stehen eine E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Ein Mann, der Granatäpfel erntet, sagt mir, daß geschlossen ist und daß ich trotzdem gratis mein Zelt aufschlagen kann. Er sei der Bruder vom Besitzer. Ich fülle mir als Erstes am schmalen Strahl des Wasserhahns vor der Toilette alle Wasserflaschen, um keine böse Überraschung zu erleben. Dann suche ich einen Grasfleck und baue auf dem steinharten Boden mein Zelt auf. Heute mache ich mir ein Fertiggericht warm.
GPS: 45.10767, 14.35520
Beli ↣ Predošćica
K km 33, L 13 km, U 0 m, O 640 m
Dieser Zeltplatz hat eine eigene unheimliche Geräuschkulisse. Von den Olivenbäumen fallen reife Oliven auf die vielen Blechdächer der Dauercamp-Installationen. Schlimmer, vom südlichen Steilhang, 30 Meter von meinem Kopfende entfernt, purzelt dauernd Geröll herunter.
Früh kommt eine Frau, um Oliven zu ernten, mit einem auf dem Boden ausgelegten Netz und händisch geschüttelten Ästen. Olivenöl aus solch herkömmlich geernteten Oliven wäre sicher exorbitant teuer.
Ich fange den letzten dünnen Strahl aus dem Wasserhahn auf und mache mich mit 4 Litern Wasser im Gepäck an den steilen Aufstieg. Im Kalk gibt es naturgemäß kein Wasser und auf dem Kamm schon gar nicht. Während sich gestern im Wald wenigstens noch einige Wasserlöcher erhalten hatten und auch in einer Zisterne noch Wasser war, ist auf der zugigen waldfreien Fläche nichts zu erwarten.
Auf einer Info-Tafel lese ich was von Greifen, die es hier geben soll. Waren das nicht diese legendären Wesen, halb Löwe, halb Adler? Ich bin gespannt. Tatsächlich sehe ich einige große Vögel herumfliegen. Vor dem Greifen-Informationszentrum bemerke ich meinen Fehler. Ich hatte das "vulture" übersehen, es geht also um "griffon vulture", Gänsegeier.
Nach 250 Höhenmetern mache ich kurz Rast. Zwei Wildschweine queren den Hang unter mir. Wegen dichtem Gebüsch komme ich wieder nicht zu einem Foto, aber zu hören sind sie gut. Ich teste zum ersten Mal die Tube Sonnencreme, die ich aus der Türkei mitgebracht hatte. Sie riecht nach Gummibärchen und verteilt sich wie ein Eimer weißer Farbe auf meiner Nase. Immerhin hat sie Faktor 50+.
Ein Stück geht es auf einem Wirtschaftsweg entlang, bevor der Fußweg Richtung Kamm abzweigt. Ab hier weiden unbeaufsichtigt und weit verstreut Schafe. Zu ihrer Unterhaltung wurden auf den Weideflächen Steinskulpturen aufgestellt. Vor dem Aufstieg gibt es noch eine kleine Stärkung für mich.
Knorriger Baum und Schaf
Weide-Kunst
Am Hang scheuche ich drei Hirsche hoch. Einer von ihnen trägt ein Geweih. Ehe ich den Fotoapparat aus der Tasche habe, sind sie weg. Der ansteigende Weg stößt erst nach dem höchsten Berg der Kette, Gorice (648 m), auf den Kamm. Der ist eine steinübersäte Hochfläche. Die Hirten hatten aus großen Steinen hohe Mauern gebaut, um ihre Schafe einzelne Flächen kontrolliert abweiden zu lassen. Die meisten Mauern stehen noch.
Blick zurück auf die Nordspitze
Sis (639 m)
Wenig später erreiche ich den zweithöchsten Gipfel von Cres, den 639 Meter hohen Sis. Ich mache ein Panorama-Foto. Leider komme ich mit der Kamera auf dem Wanderstock nicht über die Baumkronen im Norden.
Auf dem Kamm schaffe ich es endlich auch mal, drei Rehe eher zu sehen, als sie mich. Ich habe Gelegenheit für das erste Rehfoto. Wegen des Weitwinkelobjektivs meiner Kamera erscheinen sie natürlich trotzdem sehr klein.
Bei der Etappenplanung hatte ich mir überlegt, die heutige Etappe mit der nächsten zusammenzulegen und mir einen Ruhetag in Cres zu gönnen. Meine jetzige Kondition gibt das leider nicht her. Ich brauche einige Pausen und bei der kurzen Tageslänge komme ich nicht weit. Dazu schleppe ich 4,5 Kilo Essen mit, meist schon abgelaufenes Zeug, und heute 4 Kilo Wasser. Letzteres ist schon für eine Zeltübernachtung gerechnet, weil es am offiziellen Etappenende Predošćica anscheinend keine Übernachtung gibt. Ich will heute so weit wie möglich laufen, damit ich morgen nur noch ein kleines Stück nach Cres habe und das Hotel voll genießen kann.
Abstieg vom Sis. Nach der Kreuzung geht es geradeaus wieder den Berg hoch.
Predošćica lasse ich links liegen.
Mit der Zeltplatzsuche gestaltet es sich schwierig. Der Karst liegt voller Steine, zwischen denen nur wenige Grashalme wachsen. 17 Uhr sehe ich ein kleines Wiesenstück, will aber noch weitersuchen. Ich setze mir ein Limit von einer halben Stunde, dann müßte ich umdrehen, wenn ich noch bei Tageslicht aufbauen will. Leider geht der Weg nicht oben auf dem Kamm entlang, sondern ein wenig unterhalb. Durch die Schiefe des Geländes wird aller Lehm weggespült, es kann sich kein Grasfleck bilden. Ich unternehme auch einige Ausflüge durch das dornige Gestrüpp nach oben und auf die andere Seite der Steinmauer auf dem Kamm, finde aber trotzdem nichts. Als das Ultimatum schon abgelaufen war, entdecke ich endlich einen makellosen Grasfleck direkt an der Mauer. Ich räume nur kleine Steinchen und Disteln weg und baue das Zelt auf.
In der Nähe grasen ein paar Schafe. Die werden mich nicht stören, weil Schafe hier keine Glocken tragen. Außerdem ist eine Lehmkuhle von dort lagerndem Wild vor meinem Zelt. Ich werde morgen den Reißverschluß ganz sachte öffnen, damit ich es mir ansehen kann.
In der Apsis meines Zeltes sitzend mache ich mir einen Reis von Onkel Ben warm. Zum Tee gibt es Schokolade. Das war sicher die Etappe mit den meisten Höhenmetern, ab jetzt wird's einfacher. Ich sehe mir kurz das Band der Milchstraße über mir an, bin aber zu müde, um das lange durchzuhalten.
Predošćica ↣ Cres
K km 43, L 10 km, O 520 m, U 0 m
Die Nacht war wegen der Höhe recht kalt. Ich hatte mir schon vorsorglich meine Jacke im Schlafsack angezogen, was warm genug war. Der Gummizug meiner Schlafsackkapuze war gleich in der ersten Nacht ausgerissen, seitdem behelfe ich mir mit einer Mütze aus einem Schlauchschal. Quer über den Kamm blies ein in der Nacht noch zunehmender Wind, der aber von den Sträuchern hinter der Mauer stark gedämpft wurde. Nur das Geräusch klang bedrohlich. Mit Sonne auf dem Zelt brauchte ich nicht zu rechnen, dafür hatte ich ja gestern den perfekten Sonnenuntergang.
Ich verfolge die Morgendämmerung und beschließe genau um 7 Uhr, mit dem Frühstück zu beginnen. Es war kein Hirsch vor meinem Zelt.
Rückblick auf dem Kamm
Eine Tafel erklärt, daß es diese Mauern ein- und zweilagig gibt.
Zehn Minuten vor neun ist Abmarsch. Es geht weiterhin den Gebirgszug entlang. Einige Schafe weichen mir aus, aber zwei verfolgen mich eine Viertelstunde lang bis zur Napoleon Road. Ich habe zwei Follower!
Die Napoleon-Straße heißt so, weil sie während der kurzen französischen Besetzung gebaut wurde.
Der Ort Cres taucht vor mir auf.
In den Olivenhainen vor Cres hat die Ernte begonnen. Was für eine mühselige Angelegenheit, die alle zu ernten, selbst mit Netzen!
Weil ich gerne den anonymen Komfort eines Hotels genieße, die Fläche eines Apartments oder Ferienhauses nicht brauche und auch die 30-50 Prozent Aufschlag für eintägige Nutzung nicht zahlen will, hatte ich vor, zuerst das Kimen Hotel anzusteuern. Ich bekomme ein Zimmer mit Seeblick, von dem man wegen der hohen Bäume davor selbst aus dem 4. Stock keine See erblicken kann. Das Zimmer ist nett. Ich wasche Wäsche und gehe in den Ort.
GPS: 44.96022, 14.39824
Am Obstladen am Hafen will ich etwas Frisches kaufen und falle prompt auf den Touristen-Nepp herein. 6,60 € für ein Kilo Wein und 6 € für 200 g Oliven sind für ein Land am Mittelmeer einfach nur Phantasiepreise, egal ob handgeerntet oder nicht. Den Rest besorge ich mir später im Supermarkt.
Strandpromenade in Cres
Der Platz zwischen hinterem und mittleren Hafen
Weil die Trailorganisation ihren Sitz in Cres hat, mache ich einen Abstecher dahin und unterhalte mich eine Weile mit einer jungen Frau. Wie so häufig ist auch hier nach Ende des Projekts die Weiterfinanzierung das Problem. Sicher muß noch einiges an Öffentlichkeitsarbeit getan werden, damit der Trail weiterlebt. Ich habe bisher keinen Trailwanderer getroffen, nur ein Mountainbiker kam mir vor Cres entgegen, der nicht einheimisch war.
Cres ist übrigens ein sehr hübsch für die Touristen herausgeputzter Ort, sehr sauber und voller südländischer Architektur. Die an die drei ineinander verschachtelten Häfen angrenzenden Cafés und Läden sind einfach klasse! Die Welle, die es durch die langgestreckte Bucht in den hintersten Hafen schafft, muß erst noch geschlagen werden! Hoffentlich denke ich dran, morgen vom Platz zwischen den Häfen ein Panorama aufzunehmen.
Cres ↣ Valun
K km 57, L 14 km, U 0 m, O 270 m
Meinen Hotelaufenthalt koste ich bis zur letzten Minute aus. Ich hatte gestern wieder zu viel gekauft und bekomme kaum alles in den Rucksack gestopft. Ein Bier paßt nicht mehr hinein und muß sofort auf dem Balkon getrunken werden. Normalerweise trinke ich ja nie Alkohol, wenn ich noch wandern muß, aber der Anfang ist heute einfach. 11 Uhr verlasse ich das Hotel Richtung Strandpromenade. Die zieht sich durch den ganzen Ort und noch weit in die Bucht hinein. Kaum zu glauben, wie viele Häfen voller Yachten man dort untergebracht hat!
Vom Ende der Bucht steigt ein angenehm zu laufender gepflasterter Karrenweg gerade den Berg hinauf. Oben zweigt ein schmalerer Weg in ein Gelände mit aufgegebenen Parzellen ab. Mal geht es zwischen Steinmauern entlang, mal sogar obendrauf. Auf der Kuppe hat man auf einer großen Freifläche Boote abgestellt. Der Übergang zum Schiffsfriedhof ist fließend. Vielleicht sollte ich anmerken, daß der Weg bisher komplett frei von Müll war.
Nach einem Abstieg geht der Weg parallel zur Steilküste bis nach Valun. Ich habe einen schönen Blick auf das Meer, das schon den fünften Tag unter einem wolkenlosen Himmel liegt. Den ganzen Tag begegne ich keinem Menschen und kann meinen Gedanken freien Lauf lassen. Zum Ort gehe ich nicht herunter, dort gibt es wahrscheinlich kein Quartier für mich. Mit noch 2 Litern Wasser kann ich auch draußen übernachten.
Ich komme an einem Brunnenhaus vorbei und sehe mir an, wie es dahinter aussieht. Der Platz hat nicht viel Aussicht, ist moosbedeckt mit kleinen Steinchen, aber ich habe heute keine Lust, weiterzusuchen. Das Tagesziel ist erreicht, ich verschwende nur eine Stunde Tageslicht, wenn ich 16:30 Uhr schon aufhöre. Von der wenig befahrenen Straße aus kann man das Zelt auf 10 Meter Länge sehen. Aber wer schaut schon zur Seite, wenn er Auto fährt? Es hat sich niemand was anmerken lassen.
GPS: 44.89718, 14.36097
Valun ↣ Vidovići
K km 70, L 13 km, O 480 m, U 260 m
Ich schlafe gut und fange trotzdem erst 8 Uhr mit dem morgendlichen Programmpunkt Nr. 1, Kaffee kochen, an. Dazu Leberwurstschnitte mit Weißbrot aus Cres. Die im Halbkreis um das Haus stehenden Bäume haben in der Nacht den Wind gut abgehalten, allerdings erreicht mich keine Morgensonne.
10 Uhr starte ich die Wanderung. Zuerst auf einer Betonpiste auf die Bergkette. Am nächsten Pumpenhaus verschließt eine Frau das Tor und fährt mir in ihrem weißen Elektroauto entgegen. Vermutlich ist ihr nächstes Ziel mein Übernachtungsplatz. Keine Ahnung, ob sie mich entdeckt hätte.
Der Luxus ist bei den Schafen angekommen.
Hydrant mit Wasserhahn.
Direkt am Ende der Betonpiste steht ein Hydrant mit einem Wasserhahn dran. Aus meiner Richtung sieht man ihn nicht, weil ein kleiner Busch davor gewachsen ist. Er ist aber in OSM eingezeichnet. Ich fülle wieder auf 2 Liter Wasser auf und esse dafür einige Tomaten.
Lubenice ist ein hübscher kleiner Ort in sehr exponierter Lage. Es zieht wie Hechtsuppe. Ich kaufe es den Infotafeln ohne weiteres ab, daß es hier manchmal auch im Sommer schneit. Es gibt Wasser auf dem Platz vor der Kirche und auf dem Friedhof. Die Menschen haben sich sehr teuer aussehende Grabmale errichten lassen. Ich schaue fasziniert in die Gesichter der dort Begrabenen und lese mir ihre Lebensdaten durch. Viele sind sehr alt geworden.
Von dem Wanderweg scheint hier niemand zu profitieren. Mehrere "No Camping"-Transparente hängen an den Wänden. Nicht weit entfernt ist in OSM eine Höhle eingetragen. Ich will sie mir ansehen, laufe aber erst mal dran vorbei. Die Öffnung ist nur ein flacher, schmaler Spalt und auch drinnen scheint es nicht höher zu werden. Was für Leute, die gerne auf dem Bauch in Löcher kriechen.
Ab jetzt wird der Weg wieder richtig schön. Ein schmaler Pfad durch Kiefernwald direkt über der Steilküste. Auf dem nächsten Gipfel mache ich Rast. Die vielen Besucher von Lubenice, deren Autos auf dem Parkplatz standen, kommen nicht hierher.
Gleich danach kommt noch eine richtige Höhle, die Špilja Morska Peć. Am Boden ist ein Lagerfeuer angelegt. Die heruntergefallenen Steine sind sehr grün, aber es tropft nirgends Wasser auf den Boden.
Kurz vor um drei bin ich auf dem Helm, dem höchsten Gipfel in der Gegend (482m). Von da sehe ich zum ersten Mal den Vransco Jezero, den großen Süßwasser-Binnensee. Schade, daß man da nicht mehr hin darf.
Der nächste Ort, Vidovići, wird laut Wikipedia nur noch von 2 ständigen Einwohnern bewohnt. Die meisten Gebäude wurden zu Ferienhäusern umgebaut. Er hat sogar ein Restaurant, das Mali Rai. Von wem der Beiden das wohl die Stammkneipe ist? Ich werde 16:30 Uhr dort sein.
In Cres hatte mich bei dem kurzen Gespräch im Büro der Stadtverwaltung die Projektleiterin der Via Apsyrtides zu sich nach Hause eingeladen. Sie ist die Eine der Beiden, die in diesem Ort wohnen. Weil sie mein Blog noch nicht gelesen hat, überfalle ich sie unvorbereitet. Sie zeigt mir ihr Haus, welches ihr Mann von seinen Vorfahren übernommen hat. Es stand seit den 60ern leer und sie und ihr Mann bauen es seit 3 Jahren aus.
Als wir auf den Wanderweg zu sprechen kommen, schüttet sie mir ihren Frust über die tiefe Kluft zwischen Anspruch und Praxis aus. Für mich war der größte Mangel am Weg, daß es kein Verzeichnis aller für Wanderer geeigneten Übernachtungsmöglichkeiten gab. Mir schien es, daß die lokale Bevölkerung keinen Profit aus dem Weg zieht. Eigentlich sollten sich in jedem Ort Leute finden lassen, die ein Stück steinfreie Wiese für ein Zelt oder ein Zimmer ohne Einrichtung für Wanderer mit Schlafsack und dazu Wasser und Toilette bereitstellen können. An jedem Wanderer könnten sie so 5 - 25 € verdienen. Scheinbar müßten sie dann aber einen Haufen Bürokratie auf sich nehmen.
Leider kann ich nicht ewig quatschen, denn ich muß mir selbst noch eine Unterkunft suchen. Das Angebot, im Haus zu übernachten, schlage ich aus und auf dem Grundstück gibt es nichts Geeignetes für mein Zelt. Ich verabschiede mich und finde kurz vor Sonnenuntergang einen akzeptablen Platz unter Bäumen an einer Steinmauer.
GPS: 44.83503, 14.35851
Vidovići ↣ Ustrine
K km 83, L 13 km, U 20 m, O 140 m
In der Nacht ist das Wetter umgeschlagen. Ein kalter Wind pfeift über die Baumwipfel. Ich freue mich über den Schutz der Mauer und der Bäume über mir. Das Zelt bewegt sich kaum. Früh ist es zum ersten Mal bewölkt. Kurz nach neun geht's los.
Der Weg ist heute einfach, auf Forstwegen und schmalen Pfaden, was nicht verhindert, daß ich unaufmerksam werde und einer schön gleichmäßig abwärts verlaufenden Betonpiste folge, statt abzubiegen. Ein extra Kilometer ist die Folge.
Die vielen Tier-Gatter sind hier alle gleich aufgebaut. Horizontal sind Äste durch zwei vertikale Bretter gesteckt, die mit vielen Löchern versehen sind. Ein langer Stock mit einem Ast dran sichert das Tor, indem er durch eine Drahtschlinge gesteckt wird und mit der Astgabel auf den oberen Querast hängt. Da wird wohl jemand eine Lochkreissäge besitzen.
Eine Geschützstellung? Aus welchem Krieg ist die? Kurz davor hatte ich mich verlaufen.
Gatter
Es stehen viele Erdbeerbäume am Weg, die mit farbenfrohen Früchten geschmückt sind. Was das ist, habe ich erst hinterher rausgefunden, deshalb habe ich auch nicht gekostet.
Westlicher Erdbeerbaum
Und wieder ein Stempelkasten.
Ich begegne keinem Menschen, einem Hirsch und einem Wildschwein. Der Laubwald kurz vor Ustrine ist mal eine schöne Abwechslung nach dem vielen Nadelwald. Kurz vor Ustrine kommt mir auf der steilen Betonstraße ein Auto entgegen. Gleich darauf finde ich diese kleine Natter auf der Straße. Sie hat diesmal noch Glück gehabt, aber wenn sie so weitermacht, wird sie nicht lange leben. Laut Webseite der Via Apsyrtides soll es auf der Insel keine Giftschlangen geben.
Waldweg
Schlingnatter (sagt Google)
Das heutige Etappenziel ist Ustrine und dort bietet jemand ein Apartment für 66 € an. Ich buche es, damit ich mal wieder etwas Komfort habe. Ich bin schon 15 Uhr dort. Das Quartier ist hübsch und kuschelig, verteilt über zwei Etagen mit einer super Aussicht über die Kvarner Bucht, nur ohne Sonne. Ich bekomme noch zwei Bier, denn im Ort gibt es außer Apartments nichts weiter. Der Imbiß ist schon winterfest gemacht worden.
GPS: 44.74469, 14.40399
Ustrine ↣ Križica
K km 105, L 22 km, U 0 m, O 320 m
Der Wind pfeift ums Haus, daß es sich wie permanentes Donnergrollen anhört. Ich bin jetzt schon eine Woche unterwegs und habe die Hälfte geschafft. Auch die schönen Tage scheinen zu Ende zu gehen, denn seit einer Weile zeigt der Wetterbericht penetrant Dauerregen ab dem 21. an. Ich muß mich sputen.
Für drei Tage habe ich noch Fertiggerichte mit und noch Snacks ohne Ende. Nur mein Brot ist alle geworden. Wegen des Wochenendes werde ich zwei Tage lang nichts einkaufen können. Meine Vermieterin gibt mir ein Paar Scheiben Brot mit. Ich mache mich kurz vor zehn auf den Weg. Heute scheint wieder die Sonne.
Der Südteil von Cres ist sehr flach, ich komme im Sauseschritt voran. Erst im Norden von Lošinj gibt es wieder Berge. Mein Ziel für heute ist eine Hütte, die auf der nördlichsten Spitze des Höhenzugs in Lošinj steht, die Planinarska Kuća Sveti Gaudent. Vielleicht kann ich da übernachten. Das Quartier für morgen habe ich auch schon gebucht, ein Apartment in Ćunski. Muß ich nur noch dahin kommen.
Jede Stunde mache ich Rast, weil dann der Rucksack zu drücken anfängt. Die zweite Pause mache ich an der Höhle Jamina Sredi. Vom ersten Kreis der Höhle gelangt man durch einen schmalen waagerechten Spalt in die Haupt-Höhle. Ich krabble da durch und stehe in einer großen, sehr hellen Halle, denn das Dach ist in der Mitte weggebrochen. Laut Infotafel war die Höhle lange Zeit von unseren Vorfahren bewohnt. Vermutlich fielen damals öfter mal Ziegen vom Himmel, die sich im Trichter der Dachöffnung verkraxelt hatten und nur noch gebraten werden mußten.
Jamina Sredi. Wo der Baumstamm hinweist, ist der Eingang.
Der Eingang von innen. Von der Engstelle tropft Wasser.
Osor ist ein kleiner Ort mit einem hübschen Marktplatz. Viele Bronzeplastiken sind in den Gassen ausgestellt. Ich halte mich nicht lange auf, weil ich nicht weiß, wann die Brücke öffnet. 15:30 Uhr betrete ich die Insel Lošinj.
Schlipsträger
Violinistin
Um Osor herum sind in der Karte zwei Zeltplätze eingezeichnet. Den auf Cres gibt es nicht an der in OSM angegebenen Stelle. Der auf Lošinj ist hübsch oberhalb des Kanals gelegen, aber geschlossen. Einige Menschen sind noch auf dem Gelände und ich tanke etwas Wasser. Das Beste ist aber ein Getränkeautomat am Eingang, der immer noch befüllt ist. Ich ziehe ein Bier für die Ankunft am Etappenziel.
Zeltplatz in Osor, geschlossen.
Getränkeautomat
Es hätte so schön sein können! Seit der Höhle bin ich ohne Pause unterwegs zu der Hütte auf dem Kamm. Sie war mir von der Projektleiterin empfohlen worden. Der Weg dahin war immer enthusiastischer mit Herzen statt Kreisen markiert worden. Als ich sie erreiche, ist die Westseite mit den Bänken davor in wunderbares Abendlicht getaucht. Leider ist sie wegen Renovierung geschlossen. Auf einem Zettel erfährt man Telefonnummern, die man hätte anrufen können, um Ausnahmen für Gruppen zu verhandeln. Es gibt keinen Regen- oder Windschutz. Letztlich ist es eine Privathütte. Wie kommen die Leute nur dazu, in OSM das Zeichen für Schutzhütte zu verwenden? Das ist, wie wenn ich einen Defibrator eintragen würde, und dann ist da nur eine Steckdose.
Was nun? Um mich davor auf die Bänke zu legen, ist mein Schlafsack zu dünn und der Wind zu stark. Zelt aufschlagen geht nicht, weil ich die Heringe nicht in den Beton bekomme. Die fast kahle Bergkette verspricht auch keinen Windschutz. Ich gehe trotzdem weiter und will mir den nächsten Sattel ansehen.
Tatsächlich finde ich dort eine kleine Stelle im Busch neben dem Weg, wo vom Weg abfließendes Wasser etwas Lehm hingeschwemmt hat. Darauf liegen Steine und darüber ist dichtes Gestrüpp, aber damit kann ich arbeiten. Ich sammle Äste und Steine weg und breche eine Öffnung in die abgestorbenen Äste, in die gerade so mein Zelt paßt. Leider erwische ich nicht alle abgefallenen Wacholder-Nadelbüschel und pieke mir zwei Löcher in die Zeltunterlage. Neben dem Zelt ist kein Platz mehr für den Kocher, also gibt es zum Bier nur harte Wurst.
Sichtungen in freier Wildbahn heute: 0 Menschen, 5 einzelne Rehe, 4 Schafe, 1 Hirsch, 1 Bienennest.
GPS: 44.69080, 14.35019
Križica ↣ Ćunski
K km 121, L 16 km, O 590 m, U 50 m
Der Windschutz durch die Büsche rundrum war perfekt. Der Wind heult, bewegt aber kaum mein Zelt. Es gibt nur ein paar Riegel zum Frühstück und kaltes Wasser dazu. Mit dem Aufstehen lasse ich mir Zeit, 5 Kilometer der heutigen Etappe habe ich ja schon hinter mir. Kurz vor 10 Uhr gehe ich los.
Beim Aufstieg auf den ersten Gipfel, Televrina (588 m) überholen mich die ersten Wanderer, die ich auf dieser Tour sehe. Es ist ein Paar aus Ajdovščina, Slovenien, die einen Wochenendausflug machen. Sie sind von Osor gestartet, haben aber eine andere Route genommen. Ich bekomme einen leckeren Energieriegel von ihnen geschenkt, der in ihrem Ort hergestellt wird. Das 360°-Selfie mit den Beiden ist leider nichts geworden.
An der Kirche Sv. Nikola wird es richtig voll. Viele Deutsche sind gerade oben angekommen. Ab da folge ich den Wegweisern nach Ćunski. 4,5 Stunden sind dafür auf dem Wegweiser angegeben. Ich kann das nicht glauben, schließlich soll die komplette Etappe 8, von der ich schon die Hälfte hinter mir habe, laut Webseite nur 4 Stunden dauern!
Bäume wachsen aus Steinen
Wegweiser nach Ćunski
Das Problem ist: Es gibt keinen Kammweg nach Ćunski! Vielmehr hat jemand in weglosem Gelände eine Passage nach Ćunski zu finden versucht und seine Route mit roten Kreisen auf weißem Grund dokumentiert. Es sind Tausende solcher Zeichen, die einen Pfad markieren, der wild hin und her, vor und zurück, hoch und runter verläuft. Steht ein Busch im Weg, geht es zack über die Begrenzungsmauer und 5 Meter weiter wieder zurück. An einer Stelle fühlt es sich an, wie Serpentinen laufen, nur ohne Steigung. Das Gelände ist durchgehend schwer, zerklüfteter und zerbröselter Kalk eben.
Ein Busch steht im Weg.
Es geht über Kalkstein.
Nichts hat mich auf so was vorbereitet. Die Etappenbeschreibung sagt zwar "hard", aber das kann auch die 910 Meter Anstieg oder die 19 km Länge meinen. Generell gibt es keinerlei Angaben zur Wegbeschaffenheit auf der Webseite, schon ungewöhnlich für die Beschreibung eines Wanderwegs. Hätte ich nicht ausgerechnet heute schon eine Unterkunft gebucht, hätte ich das gelassener gesehen. So habe ich den Ausstieg zurück nach Sveti Jakov genommen. Das ist ein Weg, der einfach erfrischend geradeaus verläuft. Ich gehe 100 Meter und kehre dann nochmal zur Kreuzung zurück. Vielleicht verläuft der Kammweg ja ab jetzt wie dieser Zubringer? Nein, zur anderen Seite verläuft ebenso ein normaler Weg, aber das Kammgekraxel bleibt weiterhin chaotisch. Also doch Abstieg.
Hier breche ich ab.
Sveti Jakov
Jetzt habe ich noch 7 Kilometer Schnellstraße vor mir. Es gibt keinen weiteren Weg. Ab und zu halte ich den Daumen raus, aber niemand hält. Als ich das Daumenraushalten schon aufgegeben hatte, hält doch noch eine nette Deutsche neben mir und bringt mich nach Ćunski. Sie will morgen noch eine Wanderung unternehmen, bevor der Regen kommt.
Das Apartment ist nicht so hübsch wie das gestern, ich bekomme kein Bier und die Kneipe sieht nicht so aus, als ob sie noch mal aufmachen würde. Weil Google sagt: "öffnet 18 Uhr" gehe ich 18:30 Uhr nochmal hin. Jetzt brennt Licht, trotzdem werde ich unwirsch mit "closed" vertrieben. Bier über die Straße gibt es auch keines.
Ich mache mir in meinem Apartment ein Outdoorgericht warm und esse das vom Teller. Das hat's auch noch nicht gegeben.
GPS: 44.59012, 14.40847
Ćunski ↣ Mali Lošinj
K km 132, L 11 km, O 80 m, U 0 m
9:30 Uhr gehe ich los und statte als Erstes noch dem kleinen Laden einen Besuch ab. Ich kaufe Bananen und Joghurt als Wegzehrung.
Was mich heute erwartet, weiß ich, nämlich 5 Kilometer Kraxelei über scharfkantige Blockfelder die Küste entlang. Natürlich erfahre ich das nicht auf der offiziellen Webseite des Wegs, sondern in einem Forenbeitrag des Ultraleicht-Trekking Forums, in dem ein Matt Swift vor Etappe 9 warnt. Er war damals nur sehr langsam vorangekommen und hatte vor dem Berg Tovar abgebrochen und war den Rest Straße gelaufen.
Kraxelei mag ich ja eigentlich. Ich sehe mir das auf jeden Fall an. Der Einstieg in den Weg ist eine mit einem Tor verschlossene private Zufahrt. Ich nehme den Umweg über den Spielplatz. Danach sind die ersten Markierungen des Weges grau übermalt, als will jemand nicht, daß ich da langgehe. Weiter unten sind wieder Markierungen vorhanden.
Jemand will mich hier nicht haben.
Die Insel Otok Veli Osir ist gleichmäßig rund wie ein Amerikaner, ein Gebäck meiner Kindheit (12 Pfennig).
Ich komme gut voran. Gestrüpp vermeide ich so gut es geht und laufe lieber unterhalb auf den Steinen. Die Wellen sind heute nicht besonders hoch, mich erreichen keine Gischt-Spritzer. An der Stelle, wo die anderen abgebrochen hatten, mache ich die erste Rast.
Weg an der Mauer,
über Steine,
manchmal sogar ein einfach zu gehender Platten-Weg.
Ein Baumstamm versucht anzulanden.
Das Schild mit der Warnung vor Minen kenne ich schon aus dem Forum. Dahinter sind alle Wegzeichen der Via Apsyrtides rot übersprüht und es gibt viele zusätzliche rote Markierungen. Nun sind ja Minen auf gewachsenem Fels leicht zu erkennen, ich darf nur nicht in Büsche treten. Und die Maler der Wegzeichen haben ja auch überlebt. Haben sie doch, oder?
Minen-Warnung vor dem Berg Tovar.
Die Markierungen verfärben sich blutrot.
Ich gehe weiter und achte noch sorgfältiger als sonst darauf, wo ich hintrete. Nach der Umrundung des Berges Tovar kommt in Gegenrichtung noch so ein Schild mit Minenwarnung und die Wegmarkierung wechselt wieder auf die übliche Farbe. Kann die Wanderorganisation sich bitte dazu äußern, warum sie einen Wanderweg durch ein Minenfeld führt und das nicht für erwähnenswert hält! Und vielleicht noch ein Hinweis für übermotivierte Anwälte: Ich empfehle niemandem, diesen Weg zu gehen, bis die Sache offiziell geklärt ist!
Dieser Markierung sollte man nicht trauen, egal ob rot oder nicht. Hier ist die Küste weggebrochen.
Übermalte Markierung
So präzise ist der Weg sonst kaum markiert.
Die Minen-Warnung auf der anderen Seite.
Der Camping Poljana ist hübsch terrassiert angelegt, aber verlassen. Die Kroaten scheinen große FKK-Freunde zu sein, denn es gibt an einigen Stellen der Insel FKK-Strände. Oder sind sie das nur wegen der ostdeutschen betuchten Touristen?
Ab dem Camping liegt der felsige Teil hinter mir und es geht auf einem Schotterweg weiter. Neben dem Weg verläuft eine Wasserleitung, die man an zwei Stellen angezapft hat. So ein Zapf-Kit sollte ich für Notfälle dabeihaben!
Kiesweg nach Mali Lošinj
O'zapft is!
An der engsten Stelle von Lošinj ist die Insel durch einen ähnlichen Kanal wie bei Osor getrennt und durch eine Drehbrücke verbunden. Eigentlich geht die Wanderung also über vier Inseln!
Ich gehe zielstrebig durch den Ort und frage an der Westküste im Riesen-Hotel Aurora nach einem Zimmer. Ich will kein weiteres Ferienhaus und mich früh auch nicht selbst versorgen, außerdem sitze ich auch bei Regen gerne auf einem überdachten Balkon, deshalb ist die Auswahl nicht groß. Ich bekomme das Zimmer etwas günstiger als bei booking.com und buche zwei Nächte. Den Aufschlag für Seeseite zahle ich nicht, es stehen ohnehin wieder Bäume davor.
Boots-Denkmal am Orts-Eingang
Hafen und Ort
Nach einer Wanderung über den Belveder (87 m) mache ich im nächsten Supermarkt, Jadranka, einen Großeinkauf. Danach stehen Wäsche waschen und Snooker kucken (Northern Ireland Open) auf dem Plan. Der Regen kann kommen!
GPS: 44.52289, 14.45901
Mali Lošinj
K km 142, L 10 km, U 0 m, O 50 m
Der große Regen ist ausgeblieben. Statt einem kompletten Ruhetag gehe ich heute die Hälfte der Etappe 10 vom Hotel aus in Gegenrichtung. Es ist ein Küstenweg um die buchtenreiche Halbinsel Čikat, der komplett betoniert ist. Gestern bin ich schon zum Hotel auf so einem Betonweg gelaufen und hatte dadurch Schmerzen im linken Knie bekommen, die auf weicherem Untergrund sofort wieder verschwanden. Glücklicherweise existiert an vielen Stellen ein Kiesweg als zweite Spur, an manchen sogar Kiefernnadeln als dritte. Ich mache mir einen Spaß daraus, immer auf dem weichesten Material zu laufen, und habe heute keine Probleme. Die Kiefernnadeln stammen aus dem wunderbaren Hochwald, mit dem Čikat bewachsen ist.
Das Hotel Aurora von der Seeseite.
"Addio" - Die winkt auch jedem Segelboot hinterher.
Dreispurige Promenade
Ambroz Haračić, auf dessen Betreiben der Wald angepflanzt wurde.
Es wird vornehm: Hier wohnen Herr und Frau Private.
"Im Falle einer Evakuierung folgen sie den Leuchtstreifen am Boden."
Der Wind hatte gegenüber gestern zugelegt. Wellen und Wald ist eine sehr schöne Mischung. Von der Spitze der Halbinsel Čikat ist es nur ein Katzensprung bis zur nächsten Insel Otoc Koludarc. Im Wald versteckt sind wieder militärische Stellungen oder Bunker.
Für den Rückweg weiche ich von der Via Apsyrtides ab und nehme statt dem Weg über den Höhenzug die Uferpromenade. Hier stehen die Ruinen einiger Militäranlagen. Auch die liebevollen Bemalungen lokaler Künstler konnten sie nicht retten.
Ein Tunnel führt in den Berg und an anderer Stelle wieder heraus. Ich habe sie mir nicht angesehen, aber im Internet findet man Berichte über ein weitverzweigtes Tunnelsystem.
Zum Schluß sehe ich mir nochmal den Ort an, finde aber nichts Bemerkenswertes. Das Museum hat nachmittags zu. Auf dem Hotel-Balkon zu sitzen, macht nur wenig Spaß, weil irgendwoher ein nervtötendes Dauerbrummen tönt, wahrscheinlich der Lüfter einer Klimaanlage.
Morgen brauche ich also nur die andere Hälfte der Etappe bis zum nächsten Hotel in Veli Lošinj zu gehen. Hoffentlich in einer Regenpause.
Mali Lošinj ↣ Veli Lošinj
K km 149, L 7 km, U 0 m, O 220 m
In der Nacht kommt nur wenig Regen runter. Das Frühstücksbuffet ist sehr umfangreich, auch wenn vieles kaum angetastet wird, weil nur wenige Gäste da sind. Mein Favorit sind die Gemüsesticks mit herzhaftem Griechischem Joghurt.
Die Wanderung startet wieder auf dem Betonweg am Hotel, diesmal in die andere Richtung. Der Weg wird bald urwüchsiger, mal direkt an der Küste entlang, mal im Hinterland. In den Buchten gibt es schöne kleine Sandstrände, in einer hat es ein Surfbrett angespült. Es wird sicher von der Brandung irgendwann zu kleinen Plastikteilchen zermahlen. An einem Kiesstrand liegt ein einsamer Badender, an einem anderen hat eine Gruppe junger Leute ihr Zelt aufgebaut. Hier treffe ich auch die Frau wieder, die mich nach Ćunski mitgenommen hatte. Wir schwatzen ein wenig und ich werde sie bestimmt in Veli Lošinj wiedersehen.
Gestrandetes Surfbrett. Der Besitzer ist wohlauf?
Baum-Winde
Limbo
Ins Haus integrierte Abrißbirne?
Mini-Sandstrand
Idyllische Badebucht
Beim Aufstieg auf den Sveti Ivan werde ich von einer Militärdrohne überflogen. Ich kann also auch was zur Drohnenhysterie in der EU beitragen! (Eine Recherche zu Hause ergab, daß es sich um eine Piaggio P.180 Avanti handelt. Von der gibt es zwar auch eine unbemannte Version, aber vermutlich war das, was ich gesehen hatte, doch ein normales Flugzeug.)
Oben angekommen, setze ich mich auf die Bank hinter der Kirche und genieße den Ausblick auf Veli Lošinj. Im englischen Text der Info-Tafel steht übrigens Saint John. Ist John = Ivan?
Piaggio P.180 Avanti
Sveti Ivan
Auf booking.com war der Zimmerpreis des einzigen Hotels im Ort, des Punta, von 100 € auf 130 € angestiegen. Das ist grenzwertig, zumal ich drei Tage bleiben will. Vor Ort bekomme ich einen deutlich günstigeren Preis und sogar noch ein Upgrade auf ein Zimmer im oberen Stockwerk, so daß ich über den Dächern das Meer sehen kann. Vielleicht auch, weil ich vorher im Aurora war, was dem gleichen Betreiber zu gehören scheint.
GPS: 44.52350, 14.49722
Das Zimmer ist insgesamt hübscher und moderner und der Balkon ist ruhig. Nur der Fernseher ist im Eimer, weil eine LED des Backlights gleißend hell strahlt und der Rest kaum noch. Ein 3 cm heller Fleck in der Mitte ist die Folge. Ich versuche, das zu ignorieren.
Bis es dunkel wird, spaziere ich im Ort umher, der mir besser gefällt als Mali Lošinj. Er ist kompakter und gemütlicher. Ich finde die Bushaltestelle, aber keinen Verkaufsschalter. Am 25. will ich von hier nach Krk fahren. Das muß klappen, sonst verpasse ich meinen Rückflug.
Veli Lošinj
Wie schön! Es regnet. Zumindest mal kurz. Da habe ich das Geld nicht umsonst ausgegeben.
Am Buffet begegne ich wieder der Frau mit dem Auto und wir frühstücken gemeinsam. Sie ist auf den Spuren ihrer Jugend unterwegs. In DDR-Zeiten wurden Kinder mit Lungenerkrankungen zur Erholung nach Veli Lošinj geschickt und sie hatte die drei Jahre vor der Wende hier als Betreuerin gearbeitet.
Ich bin heute mal faul und tue gar nichts. Das einzig Sinnvolle, was ich zustande bringe, ist online ein Busticket zu kaufen für die Rückfahrt am Sonnabend abend nach Omišalj, in der Nähe des Flughafens. Ansonsten löse ich Rätsel in der Wochenendausgabe der New York Times, die ich vor zwei Wochen am Flughafen mitgenommen hatte, und versacke bei der Snooker-Übertragung auf Eurosport. Morgen soll wieder die Sonne scheinen und ich werde den Rest der Via Apsyrtides bis zur Südspitze von Lošinj gehen. Am Abend regnet es noch mal heftig und nachts gibt es Wetterleuchten.
Veli Lošinj ↣ Südspitze ↣ Veli Lošinj
K km 165, L 16 km, U 0 m, O 240 m
Das Hotel ist heute voll. Beim Frühstück herrscht ordentlich Gewusel. Ich starte kurz nach neun bei schönstem Sonnenschein. Die Wanderung ist nicht besonders schwer. Zuerst an der Küste entlang in den Hafen von Rovenska, der noch sehr verschlafen da liegt.
Weiter geht es an einigen schönen Badebuchten vorbei. Dann etwas ins Landesinnere, bis ich zum südlichsten Punkt der Insel absteige.
In diesem undurchdringlichen Busch verschwindet mal wieder ein Hirsch.
Ilovik und die vorgelagerten Inseln Otočić Kozjak und Otok Sveti Petar.
Da ist niemand. Nur viele Autos stehen herum. Ich könnte die Nummer eines Taxi-Boots anrufen, das mich nach Ilovik bringen würde. Mir ist das für heute zu viel Logistik. Ich beschließe, die 4 Kilometer auf Ilovik nicht zu gehen und die Via Apsyrtides hier zu beenden. Weil der Parkplatz nicht besonders einladend ist, suche ich mir einen Platz am Ufer und schaue eine Weile den aus Westen anrollenden Wellen zu. Hoffentlich fährt morgen die Fähre.
Für den Rückweg nehme ich die Serpentinen der Straße auf den Kamm und einige Kilometer später den Abzweig nach Sv. Anna. Vor der Kirche stehen zwei Bänke einladend in der Sonne. Ich habe noch einen Apfel, den ich hier vertilgen kann, und genieße die Einsamkeit. Danach kaufe ich mir im Supermarkt ein Bier, setze mich auf eine Bank am Hafen und feiere den erfolgreichen Abschluß meiner Wanderung.
Nachdem ich dort keine Sonne mehr habe, gehe ich zurück ins Hotel und probiere die Pools aus. Hätte ich eher mal machen sollen.
Veli Lošinj ↣ Omišalj
K km 169, L 4 km, U 0 m, O 40 m
Mit dem Auschecken trödle ich bis kurz vor elf. Ich habe heute nichts weiter zu tun, als auf den Bus zu warten, der erst 16:45 Uhr fährt. Laut Wetterbericht soll ich das in starkem Regen tun, aber im Moment scheint noch die Sonne. Über dem Ort liegt allerdings eine beißende Rauchwolke.
Weil es heute Abend auf Krk noch viel stärker regnen soll, habe ich den Plan aufgegeben, auf dem Zeltplatz zu übernachten. Stattdessen habe ich mir heute früh noch eine Nacht im Bed&Breakfest Villa Eva in Omišalj gebucht. Viel werde ich davon nicht haben, weil ich erst 20 Uhr dort ankomme.
Am Strand
Das Ende der Mole in Rovenska. Der Regen kommt näher.
Ich lege mich an den Strand von Rovenska, bis mich einsetzender Nieselregen hochtreibt. Auf dem Rückweg werde ich noch mal richtig naß. Die restliche Zeit verbringe ich in den Arkaden am Leuchtfeuer.
An der Bushaltestelle treffe ich eine Mitreisende, Amelie aus Lindau am Bodensee. Sie war eine Woche hier, um Tennisstunden zu nehmen. Ich hatte die Wegweiser zur "Akademie" im Hotel gesehen, konnte mir aber keinen Reim darauf machen. Das Hotel ist eine Ausbildungsstätte sowohl für fortgeschrittene Tennisspieler als auch für Amateure.
Auf der Fähre ist nicht viel los. Wir inspizieren die Decks und schauen den Fischen im Wasser zu, die vom Licht angezogen werden. In der Ferne gewittert es. Beim Rückweg verirren wir uns aufs falsche Parkdeck und sind einen Moment geschockt, daß der Bus weg ist. Toller Zaubertrick!
Vom Kreisverkehr Omišalj gehe ich einen Kilometer mit Stirnlampe durch einen dunklen Park zur Pension. Im Restaurant sitzt eine große Gesellschaft. Man hätte mir trotz Küchenschluß noch was zu essen gemacht, aber ich bin mit einem Bier vom Faß zufrieden. Überall an der Küste gibt es dieses Jahr ein Problem mit Flugwanzen. Nachdem ich vier gefunden und in die Freiheit entlassen habe, kann ich gut schlafen.
GPS: 45.21454, 14.55167
Omišalj ↣ Dresden
K km 174, L 5 km, U 0 m, O 100 m
Beim Einchecken gibt es wieder ein Meisterwerk der Web-Programmierkunst zu bewundern. Der kleine Farbklecks symbolisiert das Flugzeug mit allen Sitzreihen. Vergrößern läßt er sich in einem Vivaldi-Browser ohne Script- und Add-Blocker nicht. Bei jedem Drauftippen wählt man zufällig irgendeinen Sitz. Ich höre auf, als ich meinen Fensterplatz habe.
Die Frühstücksauswahl ist natürlich nicht so groß, wie im letzten Hotel, aber ich werde satt, daß ich den Tag überstehen werde. Der Lidl hat leider sonntags zu. Als ich losgehe, verziehen sich die dunklen Gewitterwolken und ich wandere in schönstem Sonnenschein die letzten 5 Kilometer zum Flughafen.
Eine F84G vor dem Flughafen.
Ein Trampolin für Flugzeuge?
Kontinentaldrift
Wolken
Fazit
Insgesamt war es eine schöne Tour, mit der Einschränkung des Stücks durch das Minenfeld. Die Fleißarbeit der Weg-Markierer gehört zum Besten, was ich bisher erlebt habe. Die Webseite beschreibt viel vom Drumherum, könnte aber mehr auf den Wanderweg an sich eingehen.
Das Natur-Erlebnis ist großartig! So viele wunderschöne Wälder hätte ich auf einer Mittelmeerinsel nicht erwartet. Hervorragend auch die Sauberkeit der Wege. Ich bin nur ein einziges Mal auf alte Konservendosen und Plastikmüll gestoßen.
Die Wanderung eignet sich gut für die Vor- und Nachsaison, wenn die Locals etwas Unterstützung in Form von Zeltmöglichkeiten oder einfachen Quartieren für Langstreckenwanderer leisten würden.