
Salzburg ↣ Triest
Tom Schilling
Alpen 2022
Für meine Mutter
Impressum
Auflage September 2023
© Tom Schilling, Dresden, Deutschland
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Inhalt
- Vorbereitung
- Salzburg → Untere Rositten
- Untere Rositten → Stöhrhaus
- Stöhrhaus → Berchtesgaden → Camping Grafenlehen
- Grafenlehen → Gotzenalm
- Gotzenalm → Kärlingerhaus
- Kärlingerhaus → Ingolstädter Haus → Riemannhaus
- Riemannhaus → Maria Alm
- Maria Alm → Schönwieskopf
- Schönwieskopf → Taxenbach
- Taxenbach → Wörth
- Wörth → Schutzhaus Neubau
- Schutzhaus Neubau → Schobertörl
- Schobertörl → Goldberg-Hütte
- Goldberg-Hütte → Stall
- Stall → Hugo-Gerbers-Hütte
- Hugo-Gerbers-Hütte → Feldnerhütte
- Feldnerhütte → Greifenburg
- Greifenburg → Hermagor
- Hermagor → Starhand-Hochfläche
- Starhand-Hochfläche → Tarvisio
- Tarvisio → Tamar-Haus
- Tamar-Haus → Trenta
- Trenta → Prehodavci-Hütte
- Prehodavci-Hütte → Dom na Komni
- Dom na Komni → Tolmin
- Tolmin → Monte Cum
- Monte Cum → Castelmonte
- Castelmonte → Mernico
- Mernico → Cormons
- Cormons → Gradisca d'Isonzo
- Gradisca d'Isonzo → Duino
- Duino → Opicina
- Opicina → Triest
- Triest


Download der kompletten Tour als .pdf
2022 Alpenquerung mit Elefant von Salzburg nach Triest
L 493 km, H 25.350 m, R 25.910 m, O 2754 m, U 0 m, Z 30 Tage
Inhalt
- Vorbereitung
- Salzburg → Untere Rositten
- Untere Rositten → Stöhrhaus
- Stöhrhaus → Berchtesgaden → Camping Grafenlehen
- Grafenlehen → Gotzenalm
- Gotzenalm → Kärlingerhaus
- Kärlingerhaus → Ingolstädter Haus → Riemannhaus
- Riemannhaus → Maria Alm
- Maria Alm → Schönwieskopf
- Schönwieskopf → Taxenbach
- Taxenbach → Wörth
- Wörth → Schutzhaus Neubau
- Schutzhaus Neubau → Schobertörl
- Schobertörl → Goldberg-Hütte
- Goldberg-Hütte → Stall
- Stall → Hugo-Gerbers-Hütte
- Hugo-Gerbers-Hütte → Feldnerhütte
- Feldnerhütte → Greifenburg
- Greifenburg → Hermagor
- Hermagor → Starhand-Hochfläche
- Starhand-Hochfläche → Tarvisio
- Tarvisio → Tamar-Haus
- Tamar-Haus → Trenta
- Trenta → Prehodavci-Hütte
- Prehodavci-Hütte → Dom na Komni
- Dom na Komni → Tolmin
- Tolmin → Monte Cum
- Monte Cum → Castelmonte
- Castelmonte → Mernico
- Mernico → Cormons
- Cormons → Gradisca d'Isonzo
- Gradisca d'Isonzo → Duino
- Duino → Opicina
- Opicina → Triest
- Triest
Vorbereitung
Nach der Traumpfadtour letztes Jahr hat sich bei mir der Wunsch nach mehr davon eingestellt.
Mit wenig Aufwand findet man Seiten im Internet, die jeweils einige Alpenquerungen auf einer Karte zeigen:
Alle nicht vollständig, z.B. taucht die Route von Genf nach Nizza von Phillipp Bachmann nirgends auf.
Lange war mein Favorit der rote Weg der Via Alpina, natürlich so rum, daß man von Oberstdorf nach Triest läuft, dem Meer entgegen. Routenbeschreibungen lassen sich auf via-alpina.org in beide Richtungen generieren. Letztlich waren mir 800-900 km für dieses Jahr zu viel und ich bin stattdessen die Route von Salzburg nach Triest von Christof Herrmann gegangen. Es gibt dafür einen Rother Wanderführer mit GPS-Track, so daß ich nicht lange recherchieren muß.

- Etappe 1 Salzburg ↣ Untere Rositten
K km 11, L 11 km, H 420 m, R 100 m, U 429 m, O 750 m
Was braucht man für eine erfolgreiche Alpenüberquerung? Ganz klar, Elefanten! Meiner ist rot und hängt draußen am Rucksack. Es ist eine sehr fragil wirkende Sparbüchse, ein Werbegeschenk der Dresdner Bank, entworfen von Colani (den Älteren vielleicht im Zusammenhang mit PC und Maus von Vobis ein Begriff). Der Elefant liegt seit der Wende bei mir rum und bekommt endlich eine Aufgabe. Wir wollen in einem Monat gemeinsam Triest erreichen.

Der Start ist diesmal früh 6:12 Uhr mit der Bahn. Über Leipzig und München fahre ich nach Salzburg. Wegen der zur Zeit der Buchung nicht absehbaren Auslastung der Züge (es gibt das 9€-Ticket) habe ich mir zum ersten Mal im Leben erste Klasse gegönnt. Die längere Fahrzeit mit der Bahn gegenüber einem Flug relativiert sich etwas, weil ich nicht 2 Stunden vorher antanzen muß und mir auch die Suche nach einer Gaskartusche in Salzburg spare. Ich kann aus dem Zug aussteigen und loswandern.
Unterwegs stimme ich mich mit der Lektüre der Alpenüberquerung auf dem Traumpfad 2012 von Christof Herrmann ein, dem Autor meines diesjährigen Reiseführers. Lustig, die Tour nochmal aus anderer Perspektive zu erleben. Ich hatte das Buch zwar schon letztes Jahr auf dem Traumpfad mit, war aber nicht dazu gekommen, es zu lesen.

Salzburg empfing mich sehr abweisend. Gegenüber dem Bahnhof gibt es einen Hartplatz mit schattenspendenden Bäumen, aber ohne Bänke. Ich muß 20 Minuten herumlaufen, ehe ich bei einem Spielplatz eine spartanische Bank finde, wo ich meine Navigations-Apps testen kann. Einige Leute sitzen einfach im Dreck auf Treppenstufen.


Das Salzach-Ufer reißt es etwas heraus. Hier gibt es genügend Bänke. Von der Hochfläche aus habe ich viele schöne Ausblicke auf die Stadt. Das Museum der Moderne schaue ich mir nur von außen an, ich will heute noch Kilometer machen.


Trojanisches Pferd vor dem Museum
Müllner Schanze, hat wohl vielen Salzburgern im 30jährigen Krieg das Leben gerettet
Nach der Überschreitung der Stadtbefestigung geht es einige Kilometer entlang des Almkanals, der Wasser von den Alpen nach Salzburg bringt. Der Kanal fungiert als großes Freibad. Auf den gemähten Ufern liegen viele Menschen in der Sonne. Einige lassen sich im eiskalten Wasser treiben. An der Alm-Welle stehen die Surfer Schlange, um einen Ritt hinzulegen.


Ich habe zwei Handys mit, eines mit Telecom SIM und eines mit Vodafone. Beide loggen sich nicht in österreichische Netze ein. Erst 18 Uhr kann ich mit dem Telekom Handy telefonieren, da bin ich schon in Glanegg. Ich rufe die Pension im Ort an, die leider ausgebucht ist. Das war die letzte Unterkunft vor dem Gebirge, bleibt also nur wilde Übernachtung. Ich steige noch 300 Meter hoch und nehme den ersten etwas sichtgeschützten waagerechten Platz. Ich kann Leute auf dem Dopplersteig vorbeigehen sehen, mich sieht niemand. Wegen der Nähe zum Weg baue ich mein Zelt erst spät auf.

- Etappe 2 Untere Rositten ↣ Stöhrhaus
K km 20, L 9 km, H 1340 m, R 200 m, U 750 m, O 1972 m
6:30 ist es hell und ich packe ohne Frühstück zusammen, weil ich nicht doch noch entdeckt werden will. Der Weg ist anstrengend, über viele Leitern. Bis oben mache ich zwei Mal Rast. Die Morgensonne hatte sich leider verzogen.


Stufen, Stufen
Frühstück in der Hochalm
Vor der Seilbahnstation begann es zu regnen. In der Hochalm gönne ich mir einen Cappuccino und eine Gulaschsuppe als Ersatz für das entgangene Frühstück. Danach laufe ich bis zum Stöhrhaus mit nur einer Pause in einer kleinen Höhle durch. Die Eishöhle verpasse ich, weil der Wegweiser umgefallen war. Auf der Suche nach dem Weiterweg stand ich fast davor, habe es aber nicht bemerkt.
Unterwegs treffe ich ein Rudel Gemsen und drei schwarze Salamander. Die Evolution scheint letzteren beigebracht zu haben, sich als glänzendes Kackhäufchen zu verkleiden. Auf jeden Fall rühren sie sich nicht, wenn man darüber tritt.


Am Stöhrhaus habe ich keine Lust mehr, im Regen weiterzulaufen, und nehme ein Matratzenlager im ansonsten leeren Schlafsaal. Nur sieben weitere Gäste übernachten heute im Haus. Der Regen pladdert die ganze Nacht aufs Blechdach.

- Etappe 3 Stöhrhaus ↣ Berchtesgaden ↣ Camping Grafenlehen
K km 38, L 18 km, H 50 m, R 1390 m, O 1894 m, U 550 m
Ich schlafe gut. Morgens bemerke ich eine große Zecke am Oberschenkel. Mit meiner und einer geliehenen Pinzette zerpflücke ich sie zwar in viele Teile, bekomme aber den Stachel nicht herausoperiert.
Gegen 9:30 Uhr hört der Regen auf und ich gehe im Nebel los. Der Weg geht lange Zeit an der Steilwand unter senkrechten Felsformationen entlang, von denen ich wegen des Nebels nichts mitbekomme. Am Kalten Brunnen verpasse ich den Abzweig des Rother Wegs und laufe auf dem in der Karte mit Wanderweg 10 markiertem Pfad weiter. Auch dieser Weg ist streckenweise ganz nett, wo er durch eine Klamm führt.

In Berchtesgaden kaufe ich mir einen wasserdichten Sack. Meinen Schlafsack-Sack hatte es gleich am ersten Tag an der Schweißnaht komplett aufgerissen. Der Ersatzsack, den ich seit Jahren zum Einkaufen dabeihabe, erwies sich als nicht mehr wasserdicht. Im Rucksack stand gestern das Wasser und ganz unten stand der Schlafsack. Das Fußteil war naß geworden. Über Nacht konnte ich es mit meiner Körperwärme wieder trocknen.

Durch Berchtesgaden bin ich schnell durch. Ich wollte heute noch zu einem der beiden Zeltplätze vor dem Königssee. Der erste am Mühlteich war ziemlich abschreckend. Kein Schatten, die kleinen Zelte alle auf einer winzigen Wiese zusammengepfercht. Camping Grafenlehen war auch nicht viel besser, aber ich hatte keine Optionen mehr. Es gibt nur ein weiteres kleines Zelt auf dem Platz neben mir, bewohnt von zwei Frauen, die ich für Thailänderinnen halte.

Ich verliere heute zum ersten Mal Rucksackgewicht, weil ich die indischen Linsen warm mache, die eigentlich schon am ersten Tag dran kommen sollten.
- Etappe 4 Grafenlehen ↣ Gotzenalm
K km 52, L 14 km, H 1230 m, R 100 m, U 600 m, O 1685 m
Früh hängen Wolken über dem Zelt und senken die Motivation. Erst 10:15 Uhr bin ich abmarschfertig. Ich überlege, eine Bootsfahrt einzuschieben, aber als ich die Massen am Pier sehe, lasse ich das. Der Königssee ist sehr schön. Nach dem Malerwinkel geht es aufwärts ins Gebirge.

Lange schwanke ich, was das Ziel der heutigen Etappe sein soll: Das Carl von Stahl Haus oben auf dem Kamm oder die Gotzenalm weiter unten. Das Wetter würde die Gipfeltour hergeben, aber vermutlich ist oben nichts mehr frei. Also entscheide ich mich an dem Punkt, wo sich im Wanderführer die Etappen 3 und V3 trennen, für die Gotzenalm.
Die Enzianbrennerei gleich nach dem Abzweig hat am Wochenende geschlossen. So habe ich immer noch keine Ahnung, wie Enzian-Schnaps schmeckt. Wie man ihn herstellt, wird im Wanderführer erwähnt.

An der Priesbergalm beschließe ich, kurz zu rasten und eine Erfrischung zu mir zu nehmen. Auf einem Schild lese ich "frische Buttermilch". Das ist genau die Art Erfrischung, die ich brauchen könnte. Die Bäuerin fragt mich noch, ob ich weiß, was das ist, viele würden das mit der Buttermilch im Supermarkt verwechseln. Ich weiß es natürlich nicht. Was ich bekomme, ist normale kühle Milch mit kleinen Butterbröckchen drin, vermutlich das, was beim Buttern übrig bleibt. Unvergoren. Dazu bestelle ich mir ein Butterbrot mit Radieschen, Gurke und Tomate für 3,50€. Rundum köstlich! Frisches Krustenbrot und am Morgen frisch gebutterte Butter dick aufgetragen.

Der Weg zur Gotzenalm war abenteuerlich mit Holzleitern bestückt und wurde nur von wenigen begangen, was mir wesentlich besser gefiel, als die Massen, die zum Carl von Stahl Haus hinaufgeströmt sind. Die Alm ist trotzdem fast voll. Ich bekomme einen Platz in einem großen Schlafsaal im Obergeschoß des Nebengebäudes.

Zum Abendbrot setze ich mich zu einer Frau mit ihrem Sohn. Die Beiden spielen später Rommé auf eine Art, die sich in fast allem von dem unterschied, was ich kannte. Außerdem war sie perfekt darin, den fetten Kartenstapel in der Luft zu mischen. Ich beschloß, nicht mitzuspielen, sondern früh zu Bett zu gehen, um den Schnarchern zuvorzukommen. Hat nicht geklappt, ich konnte trotz Ohrstöpseln ewig nicht einschlafen.
- Etappe 5 Gotzenalm ↣ Kärlingerhaus
K km 69, L 17 km, H 910 m, R 960 m, U 1250 m, O 1719 m
Heute gehe ich entweder bis zum regulären Ende der gestrigen langen Etappe, der Wasseralm, oder die doppelte Distanz bis zum Kärlingerhaus. Ich laufe erstmal los und entscheide später.

Ich überhole bald den ersten Salzburg-Triest-Wanderer, den ich auf der Tour treffe, einen Rentner, der die Tour in mehreren Etappen gehen möchte. Gestartet war er am Donnerstag Morgen in Salzburg. Er kommt aus dem Allgäu.

Die 3 Stunden bis zur Wasseralm laufe ich fast ohne Pause durch, bis mich ein Regenschauer zum Unterschlupf unter eine dichte Kiefer zwingt. Hier holt mich der Allgäuer wieder ein und wir gehen gemeinsam die 400 Meter bis zur Wasseralm. Er hat dort gebucht und beschließt, am nächsten Tag zum Riemannhaus zu gehen.


Ich fühle mich noch fit genug, um bis zum Kärlingerhaus zu gehen. Der Regen hatte aufgehört. Der Weg führt über Stock und Stein und viele verrottete Holzleitern an zwei verwunschenen Seen vorbei. Hier ist Murmeltiergebiet.

Nach einer Kurve erscheint überraschend das gewaltige Kärlingerhaus. Niemand war zu sehen, daß ich schon fürchtete, es wäre geschlossen, aber es war nur 18:20 Uhr, Abendbrotzeit.

Ich frage den älteren Mann an der Essenausgabe, ob ich hier übernachten kann. Ich hatte ein ja oder nein als Antwort erwartet, in letzterem Fall wäre ich weitergelaufen. Die Antwort war, daß ich bis 20 Uhr warten müsse, dann macht die Rezeption wieder auf. Nach nochmaliger Nachfrage wurde mir beschieden, daß ich mich auf die andere Seite stellen und warten soll. Ich nahm das für ein ja, irgendwas würde schon gehen und fragte die junge Frau am Getränkeschalter, ob ich noch am Abendessen teilnehmen kann, und bekam zur Antwort, daß sie nur die Getränke ausgibt. Nach einer Weile erschien eine Frau auf der Bildfläche, die mich wie einen Schulbub abkanzelte, warum ich nicht online gebucht hatte (weil ich nicht wußte, wie weit ich komme) und behauptete, in den Berchtesgadener Alpen müsse immer und überall ausschließlich vorbestellt werden. Ich hatte noch den Verdacht, daß das eine Coronaregel war, aber nein, mit Corona hätte das nichts zu tun.
Nachdem das geklärt war, meinte sie, ich soll mein Gepäck im Trockenraum abstellen, eine Kollegin würde mir dann eine Essenkarte geben. Gesagt, getan. Dann noch der Anschiß, wenn ich mich nicht am Getränkeschalter anstelle, wird nichts passieren. Davon war vorher nicht die Rede. Ich frage also zum zweiten Mal die junge Frau an der Getränkeausgabe und sie gibt mir eine Essenkarte. Ich suche mir einen Platz an einem Tisch mit 2 Berliner Familien und sofort kommt ein junger Mann und nimmt meine Bestellung auf.
Der Abend mit den Berlinern wird noch ganz lustig. Nur die happigen Preise von 7,50€ pro Bier verkürzen den Abend etwas. Am Schluß komme ich in einem mit 5 Leuten belegten 6er Lager unter.
- Etappe 6 Kärlingerhaus ↣ Ingolstädter Haus ↣ Riemannhaus
K km 82, L 13 km, H 930 m, R 380 m, U 1630 m, O 2309 m
Auch heute verbinde ich zwei halbe Rother Etappen. Das Ingolstädter Haus erreiche ich gegen 11 Uhr und trinke eine Schokolade. Die Hütte ist hübsch und das Personal nett.

Der folgende Abschnitt im Steinernem Meer ist der bisherige Höhepunkt der Tour. Es macht Spaß, zwischen den eingefrorenen Wellenbergen den Markierungen des Wanderwegs zu folgen.

Etappenziel ist das Riemannhaus. Dort treffe ich den Allgäuer wieder und ein Pärchen aus der Eifel, die ebenfalls von Salzburg kommen, aber die Tour morgen beenden wollen, um noch ein paar schöne Tage reiner Erholung in Zell am See zu haben.

Ich höre die Wirtin vor der Hütte telefonieren, daß sie der Versorgungshubschrauber versetzt hatte, und sie bei voller Hütte ohne frische Vorräte dastand. Da gibt es eben nur Spaghetti mit Tomatensauce. Diesen Tag war der Hubschrauber 8 Mal geflogen. Sie erzählt mir später, daß der Hubschrauber mit jedem Flug 750 kg mitnehmen kann, die sie unten in Maria Alm selber einkauft. Wasser gibt es im Riemannhaus nur als 1,5 Liter "Flugwasser" in Plasteflaschen. Dafür kann man wegen genügend Regenwasser in letzter Zeit für 6 € duschen. Brauch ich beides nicht, Trinkwasser hab ich noch von unterwegs und duschen werde ich mich im Hotel in Maria Alm.

Wir Richtung Triest reisende sitzen noch den Abend beisammen beim Bier und erzählen uns Geschichten.
- Etappe 7 Riemannhaus ↣ Maria Alm
K km 90, L 8 km, H 30 m, R 1410 m, O 2177 m, U 802 m
Früh reihe ich mich mit dem Allgäuer in die Frühstücksschlange ein. Er fährt von Maria Alm mit dem Bus nach Hause, weil sich ein Monteur für den Wasserkessel für den nächsten Tag angekündigt hat. Ich wünsche ihm, daß er die Tour ein Andermal zu Ende bringt.

Von den Eifelern ist früh noch niemand zu sehen. Er holt mich unterwegs ein, als ich den Wanderweg jenseits des Baches erkunde. Wegen eines Hangrutsches kommt man nicht auf den Weg. Gemeinsam gehen wir die Schotterstraße. Er hat sich den Fuß verknackst, der langsam anzuschwellen beginnt. Wir halten das erste Auto in unsere Richtung an und ich fahre mit ihm nach Maria Alm. Die nette Fahrerin empfiehlt mir die Touristeninfo als Anlaufstelle für die Zimmervermittlung und setzt uns dort ab. Ich verabschiede mich von meinem Mitwanderer, der noch auf seine Freundin wartet und mit dem Bus nach Zell am See fahren will. Bin ich wieder allein auf der Tour.
Von der Frau in der Touristeninfo bekomme ich ein Zimmer in der Pension Struber vermittelt. Ich wasche Wäsche im Waschbecken, dusche und kaufe ein. Das Zimmer hat einen Fernseher und ich will nur mal schnell Nachrichten checken, versacke dann aber den ganzen Abend vor der Glotze. Ich sehe zwei Dokus über die Pyramiden, in denen hundert Mal das Wort Photogrammetrie benutzt wird und wo auch der Chef der Museumsbehörde nicht fehlen darf. Mittels Photogrammetrie haben sie zwar Modelle gebaut, die dauernd durchs Bild drehen, aber nichts Neues herausgefunden. Dann kam Hubert ohne Staller und Agatha Christie und dann war Mitternacht. Keine Zeile Blog geschrieben, sorry.

- Etappe 8 Maria Alm ↣ Schönwieskopf
K km 102, L 12 km, H 1270 m, R 70 m, U 802 m, O 2011 m
Von Maria Alm geht es am Morgen schon in praller Sonne sehr schweißtreibend bergauf. Am Einstieg sehe ich 200 Meter vor mir jemanden mit großem Rucksack, den ich nicht mehr einhole. Ich mache auf jeder zweiten Bank im Schatten Pause. Weil der Aufstieg in dieser Etappe 1580 Meter betragen soll, plane ich nicht über die volle Distanz bis zum Statzerhaus zu gehen, sondern möglichst irgendwo auf dem Kamm zu übernachten. Als ich endlich die Schwalbenwand und damit den Kamm erreiche, treffe ich dort ein Paar mit kleinem Hund, die ihre Picknickutensilien gegen aufdringliche Kühe verteidigen.

Vom Kamm aus hat man viele schöne Aussichten nach beiden Seiten.

Es gibt nur eine schöne Stelle, um am weithin einsehbaren Kamm relativ ungesehen zu übernachten: In der Nähe von einigen wunderschönen schwarzen Seen nach dem Schönwieskopf. Dort schlage ich mein Zelt auf und freue mich, daß ich wieder eine Tütensuppe aus meinem Vorrat loswerde.

- Etappe 9 Schönwieskopf ↣ Taxenbach
K km 117, L 15 km, H 360 m, R 1580 m, O 2117 m, U 776 m
Mein Handy fürs Internet hat sich spontan neu gestartet und seitdem funktionieren die Cursor rechts/links-Tasten auf der Tastatur in Acode nicht mehr, was das Schreiben nochmal viel komplizierter macht. Ich bräuchte einen Ruhetag dafür.


Als Erstes muß ich heute noch die eine Stunde Weg bis zum Ende der regulären Etappe Statzerhaus aufholen. Ich entscheide mich am Hundstein gegen den stark erodierten direkten Aufstieg, sondern gehe die Flanke entlang. An der Hütte ist nichts los. Alle Bänke sind eingedeckt und der Wirt wartet auf Mittagskundschaft. Nicht auf mich.

Am Ochsinger entscheide ich mich für den östlichen Weg durch die Bergflanke, der sich als wenig begangen, aber schön herausstellt. Genau an der Abzweigung hatte jemand einen Carbon-Wanderstock von Black Diamond mit abgebrochener Spitze weggeworfen. Ich habe ihn mitgenommen, auf volle Länge ausgezogen und benutze ihn seitdem ganz normal. Entweder ich kann zu Hause das Griffteil mit anderen Stock-Resten aus meinem Fundus kombinieren, oder wenn sogar das Unterrohr ohne Spitze die Tour überlebt, kann ich da eine neue Spitze einkleben. Abgesehen davon, daß der Stock nicht so toll sein kann, weil ja die Spitze abgebrochen war, hält das blanke Carbonrohr gut durch, auch wenn es dauernd auf Steine geknallt wird. Normalerweise habe ich nur einen Stock mit und nutze den eher als Balancierstange und zur Absicherung. Aber warum nicht auch mal mit zwei Stöcken laufen? Die Griffschlaufe habe ich abgeschnitten, etwas, was ich mir bei einem neu gekauften Stock nie trauen würde.


Haus mit Quelle
"Hütebuben ?"
An der einsamen Rieser Aste trinke ich eine Cola. Auch heute will ich wieder nur bis zur Etappenhälfte nach Taxenbach. Ich laufe am Gasthof zur Post vorbei, weil er keine Balkons hat. Die gibt es zwar im Taxenbacherhof, aber das ganze Haus ist eingerüstet und liegt zudem an der Fernverkehrsstraße. In einem Anfall geistiger Umnachtung frage ich trotzdem nach einem Zimmer. Ich bekomme eines mit nicht nutzbarem Balkon zur stark befahrenen Straße hin.

Der Ort ist einfach nur häßlich. Ich kaufe mir im Billa ein Bier, um es auf einer Parkbank unter schattenspendenden Bäumen zu konsumieren. Fehlanzeige! Ich folge einem Wegweiser zur Salzachpromenade, was so klingt, als könne man da promenieren. Es geht eine steile Betonpiste hinab zum Fluß, dessen diesseitiges Ufer sich zwei Bahngleise teilen, über die in einer großen Betonrinne ein Bach geleitet und in den Fluß ausgekippt wird.

Am anderen Flußufer führt ein ungepflegter Wanderweg irgendwohin. In OSM ist zwar in einiger Entfernung eine Bank eingezeichnet. Die erreiche ich nicht, weil ich an einer Stelle mit meinen Sandalen nicht durch den Modder komme. Ich drehe um und trinke das Bier letztlich auf einer fast verrotteten Bank an einer großen ungemähten Wiese an der Fernverkehrsstraße.
Mein Zimmer hat wieder einen Fernseher und ich gerate abermals in den Sumpf der Fernsehunterhaltung. Ich schaue zwei Folgen Inspector Barneby. Viele Tote.
- Etappe 10 Taxenbach ↣ Wörth
K km 133, L 16 km, H 360 m, R 180 m, U 728 m, O 970 m
Das Frühstück ist das beste der Tour bisher. Ich warte ab, bis der Regen nachläßt und mache mich auf den Weg zur Kitzlochklamm. Ich komme nochmal in einen Schauer und ziehe Regensachen über, schwitze mich aber bald halbtot. Das Wetter wird immer besser und die Sonne kommt raus, was ganz in Kontrast zur Vorhersage auf yr.no steht, die für Rauris Starkregen angesagt hatten.


Hexe
Erdwurm
Auf dem Schloßberg hat jemand eine Menge selbstgebastelte Kunst ausgestellt, die sich leider wegen unruhigem Hintergrund nicht gut fotografieren ließ.

9 € Eintritt für die Klamm finde ich ganz schön happig! Das ist offenbar auch den Betreibern peinlich, denn man findet den Preis weder auf den Flyern noch auf dem gekauften Ticket. Alle bekommen für das Geld einen orangen Helm verpaßt und wer ein Klettersteigset mit hat, kann mehrere Routen durch die Wände der Schlucht erklettern. Für Normalbesucher wie mich bleibt nur der Weg über die Holztreppen und Wege. Die Anlage ist gut besucht. Es ist schon spektakulär, was für einen Weg sie in die Schlucht gebaut haben! Am hinteren Ende lege ich meinen Helm ab, und wandere einsam weiter die Schlucht aufwärts.

Es ist erdrückend schwül und obwohl ich Hunderte wegklopfe, schaffen es einige Bremsen, mich anzuzapfen.
Vor Rauris erkennt man schon von Weitem eine Wiese, gefüllt mit großen Zelten. Ist schon Oktoberfest? Nein, das ist das Landesjugendlager der Freiwilligen Feuerwehr. Hunderte Kinder beteiligen sich an Wettkämpfen und dem Nachwuchs wird einiges geboten. Nicht nur, daß Zelte aller freiwilligen Feuerwehren auf der Wiese aufgebaut wurden, dicht an dicht stehen im Ort auch Unmassen Feuerwehrautos. Heute sollte es möglichst nirgends woanders brennen.




Melk-Trophäen
Zwar individuelle Ansprache, aber das Komma fehlt.
Der Grund für meine Aufteilung der Etappen von jeweils der Etappenmitte zur nächsten Etappenmitte war der Zeltplatz in Wörth, auf dem ich übernachten wollte. Ein typischer Campmobile-Platz, wo man in zwei kleinen Ecken auch Zelte aufbauen kann. Ich entscheide mich erst für die linke Ecke, bei der mir die vielen kleinen Löcher im Boden auffallen. Sobald ich einen Häring in den Boden stecke, wird er von Ameisen förmlich überrannt. Also Umzug in die rechte Ecke. Das ist Schneckenland. Einige kapitale Exemplare haben mir früh das Zelt vollgeschleimt und sind sogar in meine Schuhe gekrochen. Da traut sich sonst nie was rein, aus gutem Grund. ;-)
Die Sanitäranlagen sind vom Feinsten und ich dusche ausgiebig. Der kleine Laden gegenüber vom Gasthof ist leider dauerhaft geschlossen.

- Etappe 11 Wörth ↣ Schutzhaus Neubau
K km 152, L 19 km, H 1390 m, R 170 m, U 958 m, O 2176 m
Früh tue ich etwas gegen die Schnecken (denke ich zumindest), indem ich meinen Kaffeesatz auf der Wiese vor dem Zelt verteile.

Das Tal zieht sich mit relativ wenig Steigung noch lang hin. Eine Weile verlangsame ich meinen Schritt und laufe neben einem älteren Herrn her, der mir von der Geschichte des Goldbergbaus im 15. Jahrhundert erzählt. Als er hört, daß ich aus Dresden bin, fragt er mich, ob ich Freiberg kenne. Nach dahin hatten die Leute damals ihr Erz zur Verhüttung geschickt und von dort waren auch Bergleute hier beschäftigt.
Weiter hinten im Tal gibt es einen Goldwaschplatz, wo einiges los ist. Nie war ein Schüsselverleih lukrativer. Ich spähe aufmerksam in den Bach, ob jemand vielleicht einen Goldklumpen übersehen hat, finde aber nichts.


Nach 2 Tagen laufen im Flachland ist der Aufstieg zum Schutzhaus Neubau auf 2178 Metern noch mal ein Hammer. Ich fühle mich gut und lasse die Almen auf 1800 Metern, die als Alternativen in Betracht kämen, links liegen. Wegen des Wochenendes ist das Schutzhaus gut ausgebucht. Nach dem üblichen Scherz auf meine Kosten "Alles voll!" komme ich doch noch unter. Ich sitze am Tisch mit einem belgischen Pärchen mit Kind. Später gesellt sich noch ein österreichisches Paar zu uns, die am nächsten Tag mit Gletscherausrüstung zum Sonnblick aufsteigen wollen.

- Etappe 12 Schutzhaus Neubau ↣ Schobertörl
K km 166, L 14 km, H 1080 m, R 900 m, U 2176 m, O 2754 m
Die Nacht war wieder Mal der Horror. Trotz Ohrstöpseln höre ich jemand die ganze Nacht sägen.

Beim Aufstieg vom Schutzhaus zur Fraganter Scharte stößt man auf viele Zeugnisse des Gold- und Silberbergbaus, die teilweise 500 Jahre alt sind. Einige Tafeln erklären, was man sieht.


Eine Schafherde blockiert den Weg und ist nicht Willens, auszuweichen. Also gibt der Klügere nach und ich umklettere die Schafe. Das scheint sie zu beeindrucken, denn jetzt folgen sie mir und ich kann sie nur mit Mühe abschütteln.

Nach knapp 600 Meter steilem Anstieg stehe ich in der Fraganter Scharte, mit 2754 Metern der höchste Punkt der Tour. Die noch mal 150 Höhenmeter zur Herzog-Ernst-Spitze schenke ich mir, weil die nicht so bedeutend aussieht und die Etappe ohnehin lang ist. Nach der Scharte kommt man auf eine Art Berg-Bauplatz: Lifte, Beschneiungsanlagen, planierte Pisten, Maschinen und Material für Stromtrassen, Stauseen und zwischendrin einige Beton-Hütten. Viele Menschen sind unterwegs. Am Ufer des Weißsees lege ich eine kurze Rast ein, bevor ich mich zu den letzten zwei Pässen wieder in menschenleeres Gebiet aufmache. Zur Saustellscharte und zur Ochsentriebscharte waren es zwar jeweils nur 200 Höhenmeter, trotzdem fand ich sie recht anstrengend.


Nach dem letzten Paß lag eine große Grasfläche, unterbrochen von Wasserläufen und Tümpeln vor mir. Da sollte sich doch ein Platz für mein Zelt finden lassen? Direkt unter mir mähten Schafe, aber am anderen Ende der Hochfläche lagen einige Felsblöcke, die etwas Sichtschutz bieten könnten. Nach langer Suche finde ich einen akzeptablen Platz. Perfekten Sichtschutz gibt es nirgends. Am Abend kommen noch zwei Wanderer mit großen Rucksäcken auf mich zu und drehen ab, als sie mich entdecken.

- Etappe 13 Schobertörl ↣ Goldberg-Hütte
K km 186, L 20 km, H 790 m, R 1380 m, U 1700 m, O 2484 m
Ich schlafe sehr gut. Der Weiterweg auf der Route des Wanderführers führt über den 2745 Meter hohen Sadnig. Wenn man den umgehen will, beschreibt der Führer noch eine Umgehung von der Fraganter Hütte aus.
Der direkteste Weg von meiner Position zum Sadnig ist ein in OSM blau eingetragener alpiner Pfad entlang der Bergkette zwischen mir und dem Sadnig. Weil ich nichts über den Weg weiß und die Kette sehr schroff aussieht, traue ich mich nicht, den zu gehen. Bleiben die Wege links an der Kette vorbei über das Fraganter Schutzhaus, wie im Rother beschrieben, oder rechts vorbei. Beide steigen 450 Meter ab und dann über die Sadnig-Scharte zum Sadnig auf. Ich entscheide mich für den rechten Weg und bereue das, als ich die 450 Meter abgestiegen bin. Für die Sadnig-Überschreitung sind zwar beide Wege gleich geeignet, nicht aber für die Alternativroute. Über dem Sadnig brauen sich Wolken zusammen und ich will doch lieber die Alternative gehen.

Ich laufe also im Kreis über den Sadnig-Sattel zum Fraganter Schutzhaus. Wenigstens komme ich beim Kapitzenbühl an einem schönen Hochtal mit kleinem See vorbei, das ich sonst nicht gesehen hätte.
Von meiner letzten Übernachtung bis zum Fraganter Schutzhaus, dem Ziel der gestrigen Rother-Etappe, ist es auf der Original-Tour nur eine reichliche Stunde Weg. Damit ich heute wenigstens etwas Fortschritt verzeichnen kann, laufe ich noch über die Rollbahn zur Goldberghütte. Die Rollbahn ist ebenfalls ein Nebenprodukt des Bergbaus. Zum Abtransport des Erzes hatte man diese Piste mit wenig Gefälle in den Hang gehackt. Weil Hunderte Jahre Erosion die Originalpiste verändert haben, gibt es mittlerweile doch etwas auf und ab, trotzdem läuft es sich immer noch sehr angenehm.


In der Goldberghütte bin ich der einzige Gast und werde gut versorgt. Ich sitze abends noch eine Weile mit Vater und Sohn beim Bier auf der Terrasse.

- Etappe 14 Goldberg-Hütte ↣ Stall
K km 197, L 11 km, H 50 m, R 950 m, O 1802 m, U 870 m
Der Abstieg nach Stall ist scheinbar einfach. Ich gehe früh einfach den Weg hinunter, den abends die Wirtsleute mit dem Auto hochgekommen waren, bis ich auf der Karte sehe, daß der richtige Weg nach oben führt. Also gehe ich wieder hoch, bis ich auf den richtigen Pfad treffe, der noch lange in der Höhe verbleibt.
Die Markierungen des Alpe Adria Trails sind leider sehr mangelhaft. Nach der Schule steht z.B. ein Schild mit Pfeil nach beiden Richtungen mitten auf einer Kreuzung mit 5 Abgängen. Kein Pfeilende weist auf einen Weg. Wenn es mal Kennzeichnungen am Anfang eines Weges gibt, fehlen sie häufig in Gegenrichtung. Oder man kommt auf einem Bauernhof raus und erhält keinen Hinweis, wie es weitergeht. Das Ausprobieren kostet mich einen Haufen Zeit und Kraft. Wenn der ganze Trail so markiert ist, werde ich den wohl nicht gehen. Ich habe keine Lust, dauernd mit einem Handy vor der Nase herumzulaufen.
Stall erreiche ich gegen zwölf. Ich bin sehr froh, daß ich zuerst in der Dorfschenke nach einem Zimmer frage, obwohl sie laut Rother Führer die teuerste Übernachtung im Ort ist. Ich bekomme für 40€ eine Ferienwohnung in einem Nebenhaus, schön ruhig mitten im Ort. Gasthof Suntinger, den mir die Wirtsleute von der Goldberghütte empfohlen hatten, und Gasthof Postwirt liegen dagegen an der vielbefahrenen Fernverkehrsstraße.

Ich darf die Waschmaschine benutzen, mache schnell ein paar Einkäufe im nahen Laden und nutze den Nachmittag und Abend zum Blog schreiben. Das Zimmer hat glücklicherweise keinen Fernseher, der mich in Versuchung führen könnte. :-)
- Etappe 15 Stall ↣ Hugo-Gerbers-Hütte
K km 216, L 19 km, H 1750 m, R 270 m, U 840 m, O 2382 m
Morgens sehe ich im Frühstücksraum zum ersten Mal Janin und Nicolas, nehme sie aber noch nicht als Salzburg - Triest Wanderer wahr. Die heutige Etappe ist wieder ein Hammer-Anstieg in brütender Hitze. 1750 Höhenmeter sind laut Führer zu bewältigen. Alles mit frisch aufgefülltem Proviant (Bananen, Äpfel, Käse, Wurst, Brot) und zwei Liter Wasser. Zuerst wird man aber durch 6 Kilometer im Flachland entlang der Möll weichgekocht.
Der Aufstieg erfolgt glücklicherweise meist auf schmalen Waldpfaden im Schatten. Nur an der Roseck Alm muß ich mal in die pralle Sonne. An der Lorenz Alm hole ich nochmal Wasser. Am liebsten hätte ich mein Zelt in der Umzäunung der Hütte aufgestellt, aber ich traue mich nicht, so sichtbar zu zelten, und außerdem war es noch zu früh.

Mein Plan war ursprünglich, die Etappe zu teilen und am Gippersee zu zelten. Leider stehen in der Gegend viele Schilder mit Texten wie: "Achtung! Schwarzfischen wird zur Anzeige gebracht. Überwachung erfolgt durch Fotofallen" und "Achtung Weidevieh. Betreten der Weide ist strengstens VERBOTEN. Aufgrund der österr. Rechtslage und dem sorglosen Verhalten einiger weniger Wanderer ist das Betreten der Weide ab sofort strengstens VERBOTEN." Keine Ahnung, was die wenigen Wanderer angerichtet haben, aber ich war nie ein Freund von Sippenhaft. Wahrscheinlich hätte auf dem Schild ehrlicherweise stehen sollen: "Das gehört alles uns und wir HASSEN Wanderer!"
Also nehme ich auch den letzten Anstieg auf den Kamm in Angriff. Nach weiteren 50 Minuten Kammwanderung erreiche ich 19:30 Uhr doch noch die Hugo Gerbers Hütte. Ich komme im Lager unter, bekomme noch ein aufgewärmtes Abendessen und bin zufrieden, angekommen zu sein. Janin und Nicolas sitzen beim Mühlespiel und wir unterhalten uns über unsere Erlebnisse auf dieser Tour und dem Traumpfad.

- Etappe 16 Hugo-Gerbers-Hütte ↣ Feldnerhütte
K km 226, L 10 km, H 590 m, R 750 m, O 2709 m, U 2186 m
Heute steht eine kurze, dafür technisch schwere Etappe an. Das Wetter soll in der zweiten Tageshälfte schlechter werden, es ist also angeraten, sich zu beeilen. Nur vier Leute wollen zur Feldnerhütte, Sina, die den Höhenweg geht, Janin und Nicolas und als letzter ich.

Für mich kommt die Schlüsselstelle gleich am Anfang auf einem schrägen Band mit feinem Geröll mit minimaler Stufe drin über einem senkrechten Abgrund. Falls ich hier wegrutschen sollte, helfen auch meine beiden Stöcke nichts. Um die Kletterstellen weiter hinten mache ich mir keine Sorgen. Wichtig ist nur, vorher den zweiten Stock wegzupacken, damit ich eine Hand zum festhalten am Fels freihabe, oder notfalls auch am Seil. Mein Rucksack hat eine praktische Schlaufe, wo ein Stock schnell festgezurrt ist. Stock weg und wieder her wird so zum schnellen, einfachen Manöver.

Auf dem Hochkreuz mache ich zweites Frühstück zusammen mit einem anderen Wanderer, der den Höhenweg in Gegenrichtung in 5 Tagen geht. Wir machen zum Abschied jeder ein Foto mit des Anderen Kamera vor dem Gipfelkreuz.

Ab und zu hole ich auch meine Panoramakamera heraus, denn die Ausblicke zum Horizont sind toll.

Hübsch auch die vierzehn Seen, die im Gegenlicht glitzern. Normalerweise hat man aus mythologischen Gründen eher 7 Seen, hier eben zweimal 7 Seen.


Die seilversicherte Kletterstelle ist nicht besonders schwierig, ansonsten läuft man lange auf schmalem Pfad entlang einer abfallenden Wand. Über dem Kreuzeck kreisen schon 4 Geier (oder Adler, das ist für mich auf diese Entfernung nicht zu erkennen).


Die Geier kreisen um das Kreuzeck. oder Adler. Tauben?
Die Feldnerhütte versteckt sich hinter dem Glanzsee.
Heute bin ich das erste Mal schon 15:30 Uhr an einer Hütte, statt wie sonst erst nach 18 Uhr. Nach Abkühlung im See bleibt viel Zeit, sich mit den anderen Hüttenbewohnern zu unterhalten. Es stellt sich heraus, daß auf der Hütte die höchste Konzentration an Salzburg - Triest Wanderern bisher herrscht. Bis auf Sina, die zu der von ihren Eltern bewirtschafteten Salzkofel-Hütte will, machen alle anderen zumindest Teile der Route. Das rote Buch ist allgegenwärtig. Dorothea und Gaido wollen bis zum Schluß gehen, Marcel hat sich eine längere Tour mit meist längeren Etappen zusammengebastelt, Maike will Etappen überspringen, um mehr Zeit an der Soĉa zu haben, Janin und Nicolas laufen von Bad Gastein aus die zweiten 14 Tage und von Michael weiß ich den Plan nicht.

Der berlinstämmige Hüttenwart lädt zur schon legendären Verkostung seines Fasses hochprozentigen Whiskeys ein, mit Profi-Pipetten, um das Getränk auf die richtige Konzentration zu bringen. Ich halte mich zurück und bleibe bei einem Bier und zum Schluß einem Zirbenschnaps.
Abends hagelt es dann doch noch und in der Nacht regnet es.
- Etappe 17 Feldnerhütte ↣ Greifenburg
K km 243, L 17 km, H 460 m, R 2000 m (1400 m), O 2379 m, U 644 m
Früh trennt sich unser bunter Haufen. Es gibt mehrere Varianten, um nach Greifenburg zu kommen. Janin und Nicolas nehmen die Originalroute, Dorothea und Gaido die Talroute und ich die leichtere Variante zum Lackentörl und dann weiter auf der Originalroute. Der Pfad ist nochmal etwas alpin, mit schönem Blick auf zwei Seen. Am Zweiseentörl mache ich Rast und werde von einem Wanderer überholt, der sein Auto mit Dachzelt an der Emberger Alm stehen hat. An der Almhütte am Turggerbach treffen wir uns wieder und gehen bis zur Emberger Alm gemeinsam. Er arbeitet als Bergführer und kennt sich gut in der Gegend aus.

Weiter gehe ich auf dem Waldpfad abwärts, der nach Greifenburg führt. Der Pfad berührt einige Kehren der Straße. Neben mir hält ein Auto und der Fahrer fragt, ob er mich mitnehmen soll. Wer wird da Nein sagen? Ich jedenfalls nicht. Im Auto sitzt schon ein Pärchen Gleitschirmflieger, die er vorher aufgegabelt hatte und die sich an diesem Tag wegen schwieriger Windverhältnisse den Flug nicht getraut hatten. Leider war für den nächsten Tag Gewitterwetter angesagt, weswegen sie ohne weiteren Flug abreisen würden. Im leichtesten Fall 5 Kilo Gleitschirm extra noch obendrauf, das wäre doch was! :-)
Unser gemeinsames Ziel ist das Fliegercamp Greifenburg. Das ist ein sehr spezieller Campingplatz. Neben einigen Holländern, die nur so da sind, dreht sich alles nur um das Gleitschirm- und Drachenfliegen. Der Ort war schon Austragungsort von hochkarätigen Wettbewerben. Auf der Landewiese des Campingplatzes kommen im Minutentakt die Fluggeräte herunter und die Leute laufen alle mit überdimensionierten Rucksäcken herum. Überall wird nur über das Fliegen gefachsimpelt.

Ich bekomme für mein Zelt eine normale, steinige und weitgehend schattenfreie Parzelle zugewiesen. Etwa eine Stunde lang, bevor ich das Zelt aufbaue, sitze ich hinter dem winzigen schattenspendenden Busch und gewöhne mich an die Gluthitze im Tal. Ab 17 Uhr ist im benachbarten Freibad freier Eintritt und ich gehe eine Runde schwimmen. Abends esse ich beim Griechen einen Salat, mehr bekomme ich bei der Hitze nicht runter.

- Etappe 18 Greifenburg ↣ Hermagor
K km 270, L 27 km, H 650 m, R 700 m, O 1160 m, U 603 m
Am Morgen gibt es das übliche Zeltfrühstück noch vor dem Aufstehen. Milchkaffee und Marmeladenstulle, danach Sapori-Walnußschnittchen. Die Sonne schien aufs Zelt, brannte aber noch nicht. Auf einmal donnert's. Ich stecke meinen Kopf aus dem Zelt und entdecke die Gewitterfront. In Windeseile baue ich mein Zelt ab und schaffe es trocken in den Sanitärtrakt. Nach einer halben Stunde ist das Gewitter vorbei.
Wie bei einer Achterbahn muß man sich bei der heutigen Etappe nur einmal zu Beginn nach oben schrauben und kann danach den ganzen Tag bergab laufen. Na ja, die Loopings fehlen, schräger Vergleich. Auf schmalen Waldpfaden kürzt man hochzu steil und kraftraubend die Forststraßen-Serpentinen ab. Ab Pfarreben geht es bis Hermagor meist direkt neben der Gössering entlang wieder bergab.
Einige Stationen des Tourismusverbands am Wegesrand animieren zu verschiedenen Kneipp-Behandlungen. Die zweite Wassertret-Stelle im Bach probiere ich aus, aber das Wasser ist viel zu warm, um weh zu tun.

Es wird mittags wieder sehr heiß, für den Nachmittag sind weitere Gewitter angesagt. Vor denen will ich in Hermagor sein.
In Jadersdorf mache ich am Brunnen Rast und fülle mir die Wasserflaschen. Ich erlebe eine Schrecksekunde, als sich mein Elefant beim Rucksack absetzen losreißt und auf die Straße purzelt. Ich kann ihn wieder einfangen. Die Heißklebeverbindung zum Aufhängebändchen hatte sich gelöst. Weil ich das nicht sofort reparieren kann, muß er erstmal in der Fototasche mitreisen und sieht nichts mehr von der Welt.


Die Wassermenge im Bach nimmt immer weiter ab, bis das Kiesbett völlig ausgetrocknet daliegt. Später ist plötzlich wieder die volle Menge Wasser im Bach. Viel besser!

Das Tal füllt sich von hinter mir mit dunklen Wolken, vor mir liegt blauer Himmel. Als ich zu der Stelle komme, an der der Gösseringgraben wegen Bauarbeiten gesperrt ist, verstehe ich das Umleitungsschild nicht. "Kein Durchgang bzw. Durchfahren in Richtung Hermagor möglich. Umleitungsmöglichkeiten für Fußgänger sind eingerichtet." Warum dieser Hinweis extra für Fußgänger? Dürfen die doch passieren? Ich gehe die Hauptstraße nach Hermagor und da gibt es auf jeden Fall keine Extras für Fußgänger.
Ich bin froh, daß ich noch vor dem Gewitter die Pension Kaiser von Österreich finde, und frage nach einem Zimmer. Ein Doppelzimmer zur Einzelnutzung gibt es für 65€, einen kuriosen Schlauch mit Fenstern zum Atrium. Ist schön ruhig.

Nachdem der Regen nachgelassen hatte, ging ich noch zum Italiener beim Billa, den mir die Wirtin empfohlen hatte, und aß eine Pizza.
- Etappe 19 Hermagor ↣ Starhand-Hochfläche
K km 290, L 20 km, H 1560 m, R 310 m, U 579 m, O 1850 m

Die Nacht durch regnet es, aber früh zum Abmarsch scheint schon wieder erbarmungslos die Sonne. Die heutige Etappe wird sehr anstrengend. Die Länge ist im Wanderführer mit 8 Stunden angegeben. Nach 5 Kilometern auf dem Damm der Gail geht es 1250 Meter hoch. Zuerst auf Forststraßen, die nur wenig Schatten bieten, dann auch als Abkürzung direkt durch den Wald.


Im Gailtal
Dellacher Alm
Ab dem Abstieg in den Kesselwaldgraben geht man auf dem Karnischen Höhenweg auf der Grenze zwischen Österreich und Italien. Der ist zuerst eine sehr pieksige Angelegenheit, selbst für mich in langen Hosen. Der schmale Pfad im Hang ist überwuchert mit Disteln, Himbeeren und Brombeeren. Dafür kann ich im Vorbeigehen leckere Walderdbeeren, Himbeeren oder auch mal Blaubeeren ernten. Alle paar Schritt bleibe ich kurz stehen, um mir eine weitere Handvoll in den Mund zu schaufeln.


In dieser Gegend werden Quellen häufig von Waldschraten bewacht. Hier tanke ich nochmal Wasser für die Übernachtung.


Ich hatte mir vorgenommen, falls mir die Etappe zu lang wird, auf der Starhand-Hochfläche das Zelt aufzuschlagen. Die sehe ich schon von der Görtschacher Alm aus und bin froh, als ich endlich oben bin. Damit habe ich wenigstens den höchsten Punkt der Etappe erreicht. Ich baue in einer Bodenwelle gut sichtgeschützt nach allen Seiten mein Zelt auf und esse eine Tütensuppe zu Abend. Die Kühe bimmeln unten auf der Alm.

- Etappe 20 Starhand-Hochfläche ↣ Tarvisio
K km 307, L 17 km, H 460 m, R 1560 m, O 1850 m, U 750 m
Leider hatte ich nicht damit gerechnet, daß die Kühe am Abend noch mal zum Paß hochlaufen und die ganze Nacht umherziehen und bimmeln. Außerdem kamen in der zweiten Nachthälfte Pferde vorbei, die neugierig immer weiter an mein Zelt heranrückten und sich nicht dauerhaft verscheuchen ließen. Ich bekomme überhaupt keinen Schlaf und packe früh in der ersten Dämmerung meinen Kram zusammen und fliehe.

Völlig gerädert laufe ich bis nach das gestrige Etappenende Rifugio Nordio-Deffar, bis ich im Wald eine Stelle finde, wo ich mein Zelt erneut aufbaue und von 7 bis 10 Uhr etwas Schlaf nachhole.


Auf der heutigen Etappe verliert man die ganze gestern mühselig erworbene Höhe wieder. Nach Verlassen des Grenzkamms laufe ich einsam durch schönen Wald nach Italien. Der Weg geht lange eine scharfe Rippe entlang abwärts, die rechts und links steil abfällt. Wunderbarerweise gibt es immer eine Fortsetzung auf dem Höhenrücken, bis die Rippe im Val Bartolo endet und man die restlichen Höhenmeter auf Serpentinen verliert.

Es ist Feierabend und etliche Autos fahren ins Val Bartolo, wo man unter anderem klettern kann, aber kaum eines fährt raus. So muß ich die zwei Kilometer in der Sonne auf frischem Asphalt oder Schotter eben alleine bewältigen.
Nach Talende geht der Weg erst mal auf einer stillgelegten Bahnstrecke in praller Sonne weiter und biegt dann wieder im Wald ab. Hier nervt mich ein weiteres Mal der Alpe-Adria-Trail, dessen Zeichen mich einen Weg zu früh in den Ort abbiegen läßt, so das ich an einem Sportzentrum herauskomme, und keine weiteren Wegzeichen mehr entdecken kann. Ich will zum Hotel Haberl im Zentrum. Die haben nichts mehr frei, verweisen mich aber über die Straße zum Hotel Nevada, das sie anscheinend auch besitzen. Ich checke ein und setze mich noch schnell Richtung Supermarkt am Ortsende in Bewegung, um mein Abendbrot einzukaufen.

Auf dem Weg nach Tarvisio hörte man ein ständiges Geräusch von der Autobahn im Tal widerhallen. Ich hatte Befürchtungen, daß das in Tarvisio auch so sein würde, aber dort verläuft die Autobahn unterirdisch. Damit spricht nichts dagegen, hier mal einen Ruhetag zu nehmen, von denen ich drei eingeplant, aber bisher noch keinen genommen hatte. Ich buche das Hotel für zwei Tage.
- Ruhetag Tarvisio
Nach dem Frühstück im rammelvollen Frühstückssaal des Hotels Haberl steht nichts Wichtigeres auf dem Plan, als eine Tube Leim zu besorgen und die Aufhängung des Elefanten zu kleben.
Der Eisenwarenladen am Westende Tarvisios hat eine 1g-Tube Sekundenkleber für 7,50€. Das ist viel, ich suche weiter. Auf den Azoren hatte ich vier solcher Tuben für 1,50€ bekommen. Der Andenken-Kiosk vor dem Hotel will 5€ pro Tube. Am Ostende von Tarvisio gibt es einen weiteren Eisenwarenladen "S. Preschern". Der ist überaus gut sortiert, hat 20g-Fläschchen für 5€. Das ist schon das Preisniveau der Azoren, mir aber zu viel, ich brauche nur einen Tropfen. Der Ladenbesitzer schenkt mir eine angebrochene 1g-Tube, die noch einen Rest drin hat. Ich klebe also mit Sekundenkleber den Heißkleber mit Bändchen wieder an den Elefanten. Doppelt hält besser. :-) Leider läuft ein Leimtropfen an einer Seite herunter und hinterläßt eine unschöne Spur.

Tarvisio hat dank seiner abgebauten und als Radweg recycelten Bahnstrecke einen von keinen Straßen gekreuzten Schnellweg durch die Stadt und das Tal, der Radfahrer anzieht. Auch die Bahnstrecken in das nahe Slowenien sind zu Radwegen umgebaut worden, so daß es in der Stadt vor Radfahrern nur so wimmelt.

Außer noch mehr Lebensmittel zu kaufen, die mein Rucksackgewicht wieder nahe an das Startgewicht von 18 Kilo bringen, habe ich nichts weiter zu tun. Ich verbringe den Abend damit, meinen Rückstand im Blog schreiben für mehrere Tage aufzuholen.

- Etappe 21 Tarvisio ↣ Tamar-Haus
K km 328, L 21 km, H 660 m, R 300 m, U 670 m, O 1108 m
Heute berührt die Route eine Gegend, die ich schon kenne. Ich hatte von Villach aus mal eine Rundwanderung durch das Dreiländereck Italien/Slowenien/Österreich unternommen, war an den Weißenfelser Seen vorbeigekommen und hatte den Paß nach Slowenien benutzt, über den auch diese Route führt. Außerdem liegen die Gipfel im Nebel und ich bin faul geworden. Ich nehme also die einfache Variante auf dem Bahnstrecken-Radweg nach Slowenien und dann das Tal hinauf zum Tamar-Haus. Auch den Abstecher zum unteren Weißenfelser See lasse ich in meinem Weg aus. Insgesamt ein eher langweiliger, aber schneller Weg.
Nur zur Slizza-Schlucht steige ich hinunter, was ein lohnender Abstecher ist. Die Farben des Wassers sind phantastisch und der Weg durch die Schlucht recht abenteuerlich.





Zwei kurze Regenschauer sitze ich unter Bäumen aus. Auf dem Radweg treffe ich keine anderen Wanderer. Wo sind sie nur alle, die Salzburg - Triest - Geher?

An der Grenze zum Nationalpark steht ein großes Wintersportzentrum, wo man die nordische Ski-WM 2023 austragen will. Einige Leute trainieren dort und ab und zu springt mal jemand auf Matten ins Tal.


Im Tamar-Haus ist noch genug frei, trotzdem zahle ich lieber 5€ Aufschlag für ein Vierbettzimmer, das ich alleine bewohnen darf. Die Chefin spricht gut deutsch und englisch. Beim Abendessen komme ich mit niemandem ins Gespräch, es gibt keine Salzburg - Triest - Wanderer hier.

- Etappe 22 Tamar-Haus ↣ Trenta
K km 328, L 15 km, H 860 m, R 1350 m, O 1815 m, U 620 m
Durch die gestrige Zustiegsvariante habe ich gegenüber der Hauptroute eine halbe Etappe gewonnen. Ich könnte mittags auf dem Posthaus am Vršič-Paß sein und morgen entspannt die technisch schwierigste Etappe der Route angehen. Allerdings ist für morgen den ganzen Tag Starkregen angesagt, da will ich im rutschigen Kalk so eine Tour nicht machen. Die schwierigste Etappe heute noch hintendran zu hängen, ist auch keine Option, das schaffe ich nicht. Es gibt leider auch keine Hütte mittendrin, an der man die Etappe auftrennen könnte.
Beim Frühstück komme ich mit zwei jungen Frauen ins Gespräch, die den Alpe-Adria-Trail wandern. Ihre Etappe sieht so aus, daß sie zum Vršič-Paß hochsteigen und dann wieder ins Tal nach Trenta. Diese Variante ist auch in meinem Führer drin. Ich beschließe, sie zu gehen. Da muß ich den Tag nicht schon mittags beenden. Ich gehe also heute den Rest der Etappe 19 plus die Variante 20 aus dem Rother-Führer, um dann morgen je nach Wetter auf der Etappe V21.2 weiterzumachen oder abzuwarten.
Ab dem Sleme-Paß ist unerwartet viel los auf den Wegen. Das Rätsel klärt sich auf, als ich zum Vršič-Paß komme. Der ist verstopft mit Autos, die alle Tagesausflügler herbringen. Die meisten gehen die Runde zum Sleme-Paß und zurück oder schauen sich das Gebirge nur vom Vršič-Paß aus an.


Auf dem Paß läuft eine Schafherde frei herum. Einige Schafe haben beschlossen, sich an ein schwarzes Auto zu kuscheln, und sind da nicht mehr wegzubekommen. Sie verstopfen die Fahrbahn, so daß nur einspuriger Verkehr möglich ist, und verursachen ein heilloses Durcheinander.
Der Abstieg nach Trenta ist glücklicherweise wieder einsam. Unten an der Soča ist mehr los. Den Abstecher zur Soča-Quelle verpasse ich, will aber nicht nochmal zurücklaufen.

Ich hatte mich auch deshalb für diese Variante entschieden, weil kurz vor dem Ort ein Zeltplatz ist, und ich dort mal einen Tag Selbstverpflegung einlegen kann, was meinen Rucksack entlastet. Ich wate durch die Soča ans andere Ufer. Der Zeltplatz ist ganz nett, hat einen abgegrenzten Zeltbereich mit ein paar kleinen Grasflecken drauf. Als ich ankomme, erwische ich noch einen. Der Boden ist sehr hart, aber eine Nachbarin leiht mir einen Hammer. Sie ist mit dem Auto unterwegs. Später erlebe ich, daß sogar Rucksacktouristen ein Beil dabeihaben, mit dem sie die Erdnägel in den Boden hämmern. Ich falle da gerne immer auf Steinzeit-Niveau zurück. Abends wird es noch voll und ich schaue den Neuankömmlingen mit einem Bier beim Zeltaufbau zu.

- Etappe 23 Trenta ↣ Prehodavci-Hütte
K km 339, L 11 km, H 1450 m, R 0 m, U 620 m, O 2071 m
Von schlechtem Wetter keine Spur. Auch in der Vorhersage nicht. Soll ich mich nun darüber ärgern? Immerhin bin ich extra wegen der Wettervorhersage so weit abgestiegen und muß heute alles wieder hoch. Erstmal einen Kaffee im Zelt trinken.

Zuerst geht es noch relativ gemächlich aufwärts, bis man an einen Talschluß kommt. Rundum nur fast senkrechte Wände. Wo bitte geht's hier nach oben? Es stellt sich heraus, daß der Weg lange in Serpentinen im Wald verläuft. Sehr angenehm.

Eine Quelle im Karst hat Seltenheitswert. Ich halte meine Wasserflaschen deshalb immer gut gefüllt. Unvermittelt komme ich 300 Meter über dem Talboden an einer ergiebigen Quelle vorbei, wo das Wasser für 3 Meter die Oberfläche erreicht und dann sofort wieder versickert. Dort, wo ich für das Foto stehe, ist wieder alles trocken.


Auch auf der ehemaligen Militärstraße weiter oben komme ich gut voran, so daß ich tatsächlich schon 15:30 Uhr die 1450 Höhenmeter Aufstieg bewältigt habe und die Prehodavci-Hütte erspähe. Weiter will ich heute nicht.


Der Ausblick ist in alle Richtungen überwältigend! Ich frage nach einem Schlafplatz und komme unter. Mit mir im Lager ist eine große Gruppe Italiener. Als mein Bettnachbar Francesco, ein älterer Herr, davon hört, daß ich Salzburg - Triest laufe, verkündet er die Nachricht laut dem ganzen Schlafsaal, und ich heimse eine Menge Vorschuß-Lorbeeren ein.

Zum Abendessen setze ich mich an einen Tisch mit vier Österreichern, die nur mit sich selbst beschäftigt sind. Später kommen noch zwei Jungs aus Oberbayern und ein Belgier dazu, mit denen ich mich gut unterhalte. Wir amüsieren uns, daß der Belgier einen ähnlich schweren Rucksack hat wie ich, aber kaum nützliche Dinge darin, weil ihm die Mutter vieles mitgegeben hat. Unter anderem schleppt er einen großen Wälzer und ein Fernglas mit.
Die meisten in der Hütte wollen nur Eines: Auf den Triglav, höchster Berg der Julischen Alpen und National"heiligtum" der Slowenen. Mir reicht es, den aus der Ferne zu sehen. Obwohl, er hat ein lustiges raketenförmiges Biwak oben drauf, da drin zu übernachten und zur Morgendämmerung herauszugucken würde mir schon gefallen.
- Etappe 24 Prehodavci-Hütte ↣ Dom na Komni
K km 352, L 13 km, H 90 m, R 640 m, O 2071 m, U 1520 m
Nachts wird wieder laut geschnarcht, aber ich finde trotzdem Schlaf. Es gibt in der Nacht ein kurzes Gewitter und früh nieselt es leicht. Das ist alles, was vom angesagten Unwetter übriggeblieben ist.
Ich gehe erst los, als der Regen vollständig aufgehört hat. Warum sich unnötig die Regensachen naß machen? Als ich am regulären Ende der gestrigen Etappe ankomme, bin ich sehr froh, früher Schluß gemacht zu haben. Die Aussicht von einer Hütte im Wald ist nicht zu vergleichen mit dem, was ich gestern hatte.


Grüner See (Zeleno Jezero)
Nieren-See (Jezero v Ledvicah)


Doppel-See (Dvojno Jezero)
Hütte bei den Triglav-Seen (Koča pri Triglavski Jezeri)
Nach den Seen wird der Wegverlauf sehr eigenartig. Normalerweise liebe ich es, vorauszuschauen und den weiteren Wegverlauf in der Landschaft zu finden. Hier ist es unmöglich vorherzusagen, ob der Weg in 20 Metern nach links oder rechts, oben oder unten verlaufen wird.

Im Kalkstein fehlt die gewohnte ordnende Hand fließenden Wassers. Überall sonst fließt Wasser von kleinen Bächen, die kleine Täler ausgraben, in große Bäche, die größere Täler schaffen. Es gibt eine Richtung, wo unten ist, nämlich wo das Wasser an der Oberfläche hingeflossen ist.
Nicht so hier. Regenwasser fließt im Kalk nach unten durch das Gestein ab und schafft dabei Hohlräume, weil es Kalkstein löst. Die Hohlräume stürzen irgendwann ein und es bleibt ein Trichter zurück. Kleine Trichter vereinigen sich zu größeren. Nur die Ränder der Trichter verwittern langsamer, weil das Wasser von ihnen schneller abfließt. Über diese Ränder führt der Weg. Hut ab vor dem, der diesen Weg angelegt hat!

Das Dom na Komni ist sehr groß und nicht voll. Auch hier zahle ich den Aufpreis für ein Zimmer. Ich setze mich zu einem älteren Herren, der sein Wohnmobil unten im Tal stehenlassen hat und eine Runde dreht. Er ist der Zweite, der mir empfiehlt, unbedingt den slowenischen Küstenort Piran zu besuchen, der soll wunderschön sein. Wir erzählen von unseren Reisen und nach dem Abendbrot setze ich mich noch eine Weile in die Sonne.
Die Hütte hat Wasserknappheit, weswegen nur eine Toilette geöffnet hat, was wieder ganz andere Probleme schafft. Nicht jeder will ja auf der Toilette Wasser holen.

- Etappe 25 Dom na Komni ↣ Tolmin
K km 374, L 22 km, H 650 m, R 1970 m (1270 m), O 1820 m, U 200 m
Früh kaufe ich mein schon fast obligatorisches T-Shirt der Tour und unterstütze damit die slowenische Bergrettung, die ich hoffentlich nie in Anspruch nehmen muß.
Der Weg geht heute so irregulär weiter, wie er gestern aufgehört hatte. Ich folge lange der Markierung zum Berg "Vogel". Was das wohl auf Slowenisch heißt? Leider habe ich kein Slowenisches Wörterbuch dabei. Die beiden wichtigsten Wendungen hatte ich mir zu Beginn bei der Wirtin des Tamar-Hauses erfragt: "Dober Dan" und "Hvala".

Mit dem Globoko-Paß überquere ich den letzten Paß der Alpen und habe vom danebenliegenden Hügel einen prächtigen Ausblick auf alles, was ich die letzten Tage gesehen oder wegen falscher Wettervorhersage verpaßt habe. Dann gehe ich durch Mittelgebirgswald abwärts.
Wenige Meter nach dem Paß komme ich an ein Biwak, das mir sehr gut gefällt. Hier würde ich gern mal übernachten. Die Ausstattung zeigt viel Liebe zum Detail. Unter anderem gibt es zwei selbstgebaute LED-Lampen.





An der Razor-Hütte gönne ich mir eine Cola. Auf der Asphaltstraße nach dem Ort Tolminske Ravne hält wieder ein Auto neben mir und fragt mich, ob ich mitfahren will. Ich kann nicht nein sagen. Das Paar im Auto hatte den leichteren Weg von Razor genommen und nach dem Zusammentreffen ihres und meines Weges hatten wir uns einige Male gegenseitig überholt.
Ich gewinne dadurch etwas Zeit in Tolmin, verpasse leider die Tolminer Klamm. Weil Sonntag ist, kann ich nichts einkaufen und ich begebe mich gleich zum Zeltplatz, der etwas außerhalb liegt.
Auf diesen Zeltplatz hatte ich mich schon gefreut, seit ich zu Hause die möglichen Zeltübernachtungen recherchiert hatte. Viele Bäume, eine Übernachtung mit kleinem Zelt wird in der Zeltplatzbeschreibung erwähnt, liegt an der Soča. Leider gibt es keine explizite Zeltwiese, sondern nach Entrichten des Obolus von 13€ hat man freie Platzwahl. Was sich erstmal gut anhört, bedeutet daß die Wohnmobile natürlich auf den schönsten Waldböden und Grasflächen stehen. Sie sind ja am teuersten und müssen besonders geschont werden. Für Tagesgäste sind noch viele Plätze mit scharfkantigem Kies frei, oder irgendwelche winzigen Randflecken an Wegen. So einen suche ich mir, nachdem ich den Zeltplatz komplett abgegangen war und nichts Besseres gefunden hatte.

Nach Zeltaufbau und duschen lege ich mich mit Isomatte und Bier auf die Kiesbänke der Soča und döse in der Abendsonne.
- Etappe 26 Tolmin ↣ Monte Cum
K km 392, L 18 km, H 1350 m, R 640 m, U 200 m, O 1114 m
Auch wenn die Alpen bezwungen sind, kommt danach bis zum Meer immer noch was. Die heutige Etappe geht vom 200 Meter tiefen Tolmin über den 1100 Meter hohen Kolovrat. Hier verlief vor dem Ersten Weltkrieg die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Italien und fanden im Krieg erbitterte Kämpfe statt, die viele Menschen das Leben kosteten.

Wenn ich schreibe "Die Sonne scheint.", klingt das sicher für viele ganz positiv. Leider steckt das Land in einer Hitzewelle mit mehr als 30 Grad im Schatten. Bis ich das erste Mal schattenspendenden Wald erreiche, zerfließe ich förmlich. Auch später läuft man einige Kilometer auf Asphalt und findet nur punktuell Schatten.
Oben angekommen, sehe ich mir die teilweise wieder restaurierten Schützengräben an. Erst in der 12. Schlacht gelang es deutschen Truppen, diese Stellungen der Italiener einzunehmen. Was wird das für ein Gefühl sein, wieder und wieder gegen solche Bollwerke anzurennen und zu wissen, daß man wahrscheinlich dabei draufgehen wird? Unglaublich, daß sich das heute immer noch in der Ukraine wiederholt.


Nicht weit entfernt geht es über den höchsten Berg der Kette, den Na Gradu Klabuk (1114 Meter). Damit ist auch der letzte Tausender abgehakt. Oben steht ein Fernglas und ein Junge steuert sehr gekonnt einen großen Modell-Segelflieger durch die Aufwinde am Berg.

Die vielen Pausen haben viel Zeit gekostet, so daß ich es heute nicht vor acht zum Etappenziel schaffen würde. Da ich nichts vorbestellt habe, will ich nicht riskieren, dort ohne Unterkunft dazustehen. (Das Etappenziel hat nur 4 Zimmer.) Am Rifugio Solarie, was recht leer aussah, lief ich noch vorbei, weil es mir zu früh erschien. Die Osteria in Clabuzzaro war angeblich ausgebucht, obwohl dort auch niemand zu sehen war. Aber keine Panik! Wofür habe ich schließlich ein Zelt und Vorräte mit? Mir war bei der Vorbereitung eine Schutzhütte auf dem Monte Cum aufgefallen, die in OSM eingezeichnet ist. Die könnte ich heute noch erreichen. Eine Schutzhütte in Italien? So urig wie die im Schwarzwald? Ich war neugierig.
Obwohl ich gerade froh war, den letzten großen Berg der Tour hinter mir zu haben, kämpfe ich mich freiwillig nochmal 200 Meter einen Berg hoch. Die Hütte erweist sich als klein, mit Wellblechdach und außen mit Wellblech beschlagen. Die Tür steht offen und es hatte in den vorderen Raum etwas Laub hineingeweht. Als Inventar gab es einen zusammengebrochenen kleinen Holztisch, 3 verrostete Barhocker, einen halbvollen Mülleimer, einen kleinen Ofen, Hutablagen und viele Spinnweben.


Das entsprach nicht meiner romantischen Vorstellung einer Schutzhütte und ich beschließe, nach einem waagerechten Platz für mein Zelt zu suchen. Den finde ich trotz Gipfelplateau erst 500 Meter später direkt hinter dem Gipfelkreuz. Sichtgeschützt ist er nicht, aber die Ansprüche sinken, je weiter der Tag voranschreitet. Ich bin am Schluß sogar zu erschöpft für eine meiner Trek'n'Eat-Tüten, sondern mache mir nur ein Haferflockenfrühstück warm und einen Tee.

- Etappe 27 Monte Cum ↣ Castelmonte
K km 407, L 15 km, H 500 m, R 790 m, O 912 m, U 550 m
Gegen Mitternacht beginnt ein Wetterleuchten. Zunächst noch fern, über den Alpen, ohne Ton. Eine halbe Stunde später hört man vereinzelt Donner in der Ferne. Das Gewitter kommt also näher. Ich erinnere mich daran, daß mein Zelt auf dem höchsten Punkt des Berges steht. Und Blitze schlagen am liebsten in höchste Punkte ein. Klar sind noch ein paar Büsche rundrum und das Gipfelkreuz ist minimal höher. Aber ob der Blitz so feine Unterscheidungen macht?
0:30 Uhr breche ich nur mit Stirnlampe, Regenhose und -jacke bekleidet auf Richtung Schutzhütte. Dank Wellblechverkleidung sollte sie besseren Schutz bieten, als mein Zelt, selbst wenn das Wellblech nicht ordentlich geerdet sein sollte. Der hintere Raum von etwa 2*1 m, den ich mir vorher nicht angesehen hatte, war leer, bis auf den Rest eines Besens, mit dem ich die Spinnweben von den Wänden fegen konnte. Der Boden war aus Estrich. Wenn ich die Isomatte mitgenommen hätte, hätte ich mich entspannt hinlegen können. So hole ich mir eine leere Plasteflasche aus dem Mülleimer und benutze sie als Sitzkissen. Ich setze mich in die Mitte der hölzernen Trennwand zwischen den Räumen und warte ab. Es beginnt zu regnen und einige Blitze schlagen in der Nähe ein, aber keiner in meine Hütte. Gegen 2:30 Uhr klingt der Donner entfernt genug, daß ich den Rückweg im Regen wage. Das Zelt steht noch unversehrt da.

Die heutige Etappe ist die kürzeste Etappe der Tour, und hat auch nur 500 Höhenmeter hoch und runter. Die sind allerdings sehr kleinteilig angelegt, immer entlang des Bergrückens. Eine abwechslungsreiche Wanderung. Zuerst muß ich noch den Rückstand von gestern aufholen.

Am gestrigen Etappenziel Tribil Superiore versuche ich im Alla Rosa dei Venti einen Kaffee zu bekommen, aber das Restaurant ist geschlossen und es steht noch das "Montags Ruhetag"-Schild im Fenster. Vor dem Ort sehe ich zum ersten Mal einen der Blechkameraden des Alpe-Adria-Trails. In der Kiepe stecken drei Schautafeln mit dem Wegverlauf. Ich würde mir wünschen, daß sie das Geld eher für ordentliche Wegbeschilderungen ausgeben als für solchen Schnickschnack.


Weil der Hinweis Mo/Di Ruhetag für die beiden Restaurants in Castelmonte nichts Gutes erahnen läßt, probiere ich mein Glück schon beim Locanda al Trivio. Das sieht gut aus, die Tür ist aber zu. Nachdem mich ein Hund verbellt hatte, öffnet sich ein Fenster und ein telefonierender Mann sagt "geschlossen". Fertig.
Ich laufe nach Castelmonte und beim La Stele ist niemand zu sehen. Niemand geht ans Telefon. Als Letztes bleibt mir die Albergo Casa del Pellegrino. Dort geht jemand ans Telefon und empfiehlt mir online zu bestellen. Ein Mißverständnis, wie sich glücklicherweise herausstellt. Ich kann vorbeikommen, wenn es vor 18 Uhr ist.

Ich bekomme das Zimmer am Ende des Gebäudes mit Blick nach drei Richtungen. Auch für ein Abendessen trotz geschlossenem Restaurant wird gesorgt. Vorbereitete Teller werden in den Kühlschrank gestellt, die ich mir in der Mikrowelle warm machen kann. Ich wähle als Vorspeise Aubergine mit Käse und als Hauptgang Schweinebraten mit Kartoffeln. Bevor die Beiden vom Personal 18 Uhr Feierabend machen, lasse ich mir noch erklären, was man bei einer Mikrowelle einstellen muß (3 Minuten, 700W). Und man soll die Plastefolie auf dem Teller lassen, damit der Saft drinbleibt. Kurz vor acht genieße ich mein köstliches Mahl mit einem Glas Weißwein.

Die Herberge ist direkt auf dem Klostergelände und besitzt dadurch eine besondere Atmosphäre. Man bekommt mit, was die Mönche so treiben, viel singen und beten. Auch das Geläut der Kirchenglocken trifft einen mit voller Wucht. Neben dem harmonischen Klang der Kirchenglocke jede Stunde, werden ab und zu auch längere Passagen anscheinend von Hand gespielt. Die dafür verwendeten Glocken sind wesentlich unharmonischer und interessanter. So als würden mit Hämmern Metallplatten und keine Glocken bearbeitet. Sozusagen der Punk in der Kirchenmusik. Gefällt mir sehr gut. Schade, daß ich vergessen habe, das aufzunehmen.

Außer mir sind noch etwa zehn andere Pilger auf dem Gelände, die die Nacht unten am Parkplatz im Park verbringen.
Abends sehe ich mir im Internet an, wie man von Castelmonte nach Piran kommt, nur für den Fall, daß ich keine Lust mehr auf die letzten Etappen habe. Es ist sehr umständlich und würde die Immersion, das Eintauchen in den Urlaub, komplett kaputtmachen: Mittags fährt ein Bus nach Udine, dann irgendwie nach Triest und von dort mit der Fähre nach Piran. Dann sehe ich mir die Hotelpreise an: 250-450€ pro Nacht. Piran muß wirklich sehr schön sein. Ich laufe die Tour zu Ende.
- Etappe 28 Castelmonte ↣ Mernico
K km 419, L 12 km, H 90 m, R 610 m, O 618 m, U 104 m
Die Tage werden immer heißer, die offiziellen Etappen immer länger. Ich habe noch meine Reservetage für Regen übrig, die kann ich doch auch bei Hitze einsetzen. Ich beschließe, Etappen zu teilen. In der Mitte der heutigen Rother-Etappe sind vier Übernachtungsmöglichkeiten auf Weingütern angegeben. Die in Mernico ist mit 55€ die teuerste, hat allerdings ein heute offenes Restaurant. Weil ich nicht wieder zurücklaufen möchte, rufe ich vorher an und es ist noch was frei.
Die Wanderung heute geht lange im Wald, nicht so stark auf und ab, wie gestern. Nur in den Weinbergen gibt es naturgemäß keinen Schatten.

Am Weingut Ferruccio Sgubin war ich schneller als gedacht. Das Zimmer ist noch nicht fertig. Die Betreiber sind nett, aber auch sehr schlitzohrig. Wie ich später herausfinde, ist niemand weiter zu Gast. Trotzdem ist das im Rother angegebene Einzelzimmer für 55€ nicht verfügbar, nur ein Doppelzimmer zur Einfachnutzung. Ich lasse mir das Zimmer zeigen und frage nach dem Preis: 65€. Am nächsten Tag stehen 70€ auf dem Rechenzettel. Ich korrigiere das nach unten. Eine Rechnung gibt es nicht, aber ich bin mir sicher, daß sie einen Weg finden werden, trotzdem die Steuern korrekt abzuführen.

Zum Abendessen bestelle ich mir einen Salat und eine Schinken-Mozarella-Tomaten-Platte, und alles ist vorzüglich. Ich bin im Collio Weinbaugebiet, das für gute Weine bekannt ist, und probiere einen Sauvignon des Gutes. Der ist sehr lecker. Auch die Gutsleute essen am Nebentisch Abendbrot. Ein unentwegt redender Mann, vermutlich der Winzer, kommt herüber, nötigt mich meinen Wein auszutrinken, damit er mir einen Tropfen von seinem Lieblingswein einschenken konnte, einem Pinot Bianco. Der war ebenfalls sehr gut.

Draußen im Restaurant hatte ich ein Mücken- und Wespen-Problem. Schon am Nachmittag, als ich mit kurzen Hosen beim Bier saß und Blog schrieb, hatte ich mir fünf Mückenstiche abgeholt. Zum Abendbrot hatte ich mich am ganzen Körper mit Autan eingesprüht, die frisch gewaschenen langen Hosen an und ein Hemd mit dauerhaftem Mückenschutz. Half alles nichts, zwei neue Stiche. Zusammen mit meinen bisher 10 Zeckenbissen juckt es mich überall. Außerdem hatte ich mir noch beim Aufbau des Liegestuhls auf dem Balkon den Finger eingeklemmt, bis Blut spritzte. Der Klassiker.

- Etappe 29 Mernico ↣ Cormons
K km 435, L 16 km, H 430 m, R 470 m, O 216 m, U 56 m
Heute laufe ich den Rest der Etappe bis Cormons. Auch wieder durch Wald und Weinberge.

Schon gestern lief der Weg teilweise parallel zum "Il Camino Celeste", dem Himmelsweg. Das Symbol ist ein blaues Schild mit weißem Fisch drauf. Vermutlich ist am Ende des Wegs ein Abgrund, in den man stürzt und man kommt in den Himmel. Oder auch nicht.

Zwei Gruppen junger Pilger kamen mir entgegen, die vermutlich auf diesem Weg unterwegs waren. Die Ärmsten! Noch so jung!

An den Weingütern war's das mit dem Schatten. Ich muß mich der Hitze im freien Land stellen.


Damit ich mal im Blog schreiben aufholen kann, will ich in Cormons einen kompletten Ruhetag einlegen. Ich schaue bei booking.com nach Hotels und sehe, daß es im Albergo Felcaro Zimmer für 64€ gibt, ruhig am Ortsrand gelegen, mit Minibar, Pool-Nutzung. Es sind noch 2 Zimmer frei, ich beschließe nicht Online zu buchen, sondern vorbeizugehen. In einer Viertelstunde bin ich da. Ein Riesenfehler! Als ich ankomme, ist alles ausgebucht.
Mir bleibt nichts weiter, als für 65€ pro Nacht im Ortszentrum ein Zimmer im Ristorante Alla Pergola zu nehmen, einem abgewohnten Hotel, das in allem genau das Gegenteil von dem bietet, was ich wollte. Laut, direkt an der Straße, wo nachts die Irren mit ihren frisierten Karren langfahren, dazu noch der Lärm von der Kneipe unter mir, keinen Kühlschrank im Zimmer bei 34°C im Schatten!, einer Stehlampe, wo man die vier Glühbirnen selber mitbringen muß, einem sehr schicken, aber völlig nutzlosen Fernseherhalter für Röhrenfernseher und einem Waschbeckenverschluß, der sich nicht mehr mittels Hebel öffnen läßt, sondern mit den Fingernägeln herausgepult werden muß. Und ich hätte am Pool liegen können! Schluchtz.
Das Zimmer hat eine Klimaanlage. Ich könnte den Raum auf 10°C abkühlen, dann hätte ich auch kühle Drinks. Tue ich natürlich nicht, weil ich das für Energieverschwendung halte.

Im Ort ist ein COOP und ich besorge mir schnell einiges, was nicht gekühlt werden muß, Obst, Saft, Chips und dazu zwei kalte Biere. Eines trinke ich sofort im Park, das andere zu den Chips im Hotel.
Am Abend liege ich nur von Hitze apathisch nackt auf dem Bett und bin zu nichts mehr fähig. Selbst der kleine Flachbildfernseher der ersten Generation ist nutzlos. Er bietet auf 1000 Sendeplätzen ausschließlich italienischsprachige Sender an. Ist wahrscheinlich auch besser so, sonst wäre ich nicht zum Blog schreiben gekommen.

Ruhetag Cormons
Die Kneipe unten im Restaurant ist richtig urig. Von den vier dort Beschäftigten spricht leider niemand eine Fremdsprache, die ich verstehe. Der Chef fragt mich, ob ich das und das haben möchte, ich sage "si" und schaue, was mir gebracht wird. Mir wird fürstlich aufgetafelt und ich futtere beim Frühstück mehr, als ich für einen Ruhetag brauche.


Ich bin dagegen!
Witziger Titel für eine Bar, in der man lange rumhängt.
Ich setze mich für zwei Stunden auf eine der hübschen Holzbänke im Park und schreibe Blog, bis mein Akku leer ist. Im Hotel schreibe ich weiter und gehe erst am Nachmittag nochmal raus.
Es gibt im Ort eine lange Wand mit historischen Fotos aus Cormons. Die schaue ich mir lange an. Sicher ist, daß alle Abgebildeten bereits tot sind. Aber was haben sie für ein Leben gelebt? Waren sie glücklich?

- Etappe 30 Cormons ↣ Gradisca d'Isonzo
K km 446, L 11 km, H 10 m, R 30 m, O 56 m, U 32 m
In Trippelschrittchen geht es voran. Ich halbiere die heutige Etappe und nach nur 11 km Laufen bin ich schon am Ziel. Es ging unter anderem in praller Sonne an großen Sonnenblumenfeldern vorbei.


Mit Sorge hatte ich mir die letzten Tage auf booking.com die Hotelpreise in Gradisca d'Isonzo angesehen. Erst gab es in den drei dort gelisteten Hotels nur noch die "King" und "Queen"-Suites für königliche Preise, dann gar nichts mehr. Ich würde natürlich trotzdem mal nachfragen, aber nicht mehr bezahlen, als die regulären Preise im September von 80-90€ und machte mir nicht viel Hoffnungen.
Vorher komme ich noch am Al Pellegrino vorbei, das nicht bei booking.com zu finden ist, frage nach einem Zimmer, und bekomme eines für 60€. Das Hotel ist leer! Dabei sind die Zimmer aufs modernste eingerichtet. Es gibt eine Minibar, geschmackvolle und neue Bad-Armaturen inklusive Regendusche, moderne Lampen und einen Fernseher. Der ist so groß, wie meiner zu Hause, auf jeden Fall der Größte, den ich je in einem Hotelzimmer gesehen habe, zeigt aber auch nur die 1000 italienischen Stationen an. Die Regendusche ist ebenfalls sehr cool. Leider wußte ich nicht, daß der Umschalter auf sie eingestellt war, als ich versuche, die Temperatur am Duschkopf einzustellen, und jage mir erst mal einen kalten Schauer über den Rücken.

Ich kaufe im einzigen noch offenen Supermarkt das Nötigste ein und warte dabei das erste Gewitter ab. Zurück im Hotel geht es gleich weiter mit Gewittern, so daß ich am Abend keinen Fuß mehr vor die Tür setze.
Nach drei Stunden bekomme ich eine der vielen Optionen auf dem Fernseher zum Laufen, meinen Handy-Bildschirm auf dem Fernseher anzuzeigen. Wenn ich schon mal so weit bin, muß ich den ganzen Abend die mitgebrachten Serien gucken, und habe keine Zeit mehr für Blog schreiben. :-(
- Etappe 31 Gradisca d'Isonzo ↣ Duino
K km 468, L 22 km, H 410 m, R 450 m, O 163 m, U 1 m
Weil die Stadtbesichtigung gestern wegen Regen ausfiel, sehe ich mir am Morgen noch den Rest der Altstadt an. Der Ort gefällt mir sehr gut. Große Parkanlagen und eine schön restaurierte Altstadt.




Durch die gestrigen Gewitter hat es sich etwas abgekühlt. Es läuft sich wesentlich angenehmer. Zumal der Weg durch viel lichten Laubwald führt.
Zwischen Jamiano und Medeazza war der Wald abgebrannt. Die großen Bäume standen noch und werden wohl nächstes Jahr wieder austreiben, aber das Unterholz und auch alle Insekten waren weg und alles nicht verbrannte Laub war braun. Es stank nach verbranntem Holz. Sehr bedrückend. Auch in Duino war oberhalb der Autobahn auf beiden Seiten der Bahnstrecke der Wald verbrannt und schwelte an einer Stelle noch vor sich hin. Weiter oberhalb war ein Löschhubschrauber pausenlos im Einsatz. An der Bahnstrecke waren schon wieder Techniker dabei, die verbrannten Kabel zu ersetzen. Am nächsten Tag fuhren wieder Züge.

In Duino frage ich zuerst in der Albergi Garni Aurora nach einem Zimmer. Die sind leider voll, aber im Hotel Al Pescatore bekomme ich noch ein Zimmer für 85€. Für den Preis ist das Zimmer eher unterdurchschnittlich, z.B. fehlt der Kühlschrank.
Ich kaufe in der Eisdiele gegenüber zwei kalte Bier und sehe bis es dunkel ist dem Treiben am Hafen zu. Auch meine Finger halte ich mal ins Wasser, damit ich offiziell am Mittelmeer angekommen bin.

- Etappe 32 Duino ↣ Opicina
K km 489, L 21 km, H 600 m, R 260 m, U 1 m, O 340 m


Von Duino geht nochmal eine schöne Wanderung Richtung Triest. Ich zögere meine Ankunft dort noch um einen weiteren Tag hinaus, indem ich heute nur bis zum Zeltplatz Opicina gehe. Auf den hatte ich mich schon bei der Planung gefreut, weil dort auch kleine Zelte noch gerne gesehen sind. Ich bekomme nur einen der letzten Plätze, der sehr steinig ist.

Abends setze ich mich zu zwei Holländern, Jost und Josten, die mir schon beim Einchecken mit ihren riesigen Militärrucksäcken aufgefallen waren. Es sind beide studierte Philosophen. Wir unterhalten uns noch lange bei Bier und Wein.
- Etappe 33 Opicina ↣ Triest
K km 493, L 4 km, H 0 m, R 340 m, O 340 m, U 2 m
Heute nun endlich der Abstieg nach Triest. Eigentlich hatte ich mir eine Fahrt mit der historischen Straßenbahn vorgenommen, aber die fährt wegen eines Defektes schon 6 Jahre nicht mehr, wie mir die Zeltplatzwirtin traurig berichtet. Also laufe ich auch noch die letzten Meter. Ich komme am Ortseingangsschild vorbei, das mit den roten Bändchen der Salzburg-Triest-Wanderer behängt ist.

Über Internet buche ich mir eine Unterkunft mitten in Triest in der Pension Marta, die günstig und soweit OK ist, nur kann man das Fenster nicht öffnen. Wegen Einrüstung des Hauses ist mein Fenster mit Folie abgeklebt. Davon stand nichts in der Beschreibung bei booking.com. Als ich das merke, bin ich leider schon eingezogen. Von außen war das nicht zu erkennen, weil die Wohnung ein sehr langer Schlauch ist, und der Eingang im nicht eingerüsteten Teil liegt. Zum Gang hin empfiehlt es sich auch nicht zu lüften, denn dort stinkt es nach Chlor, von den verwendeten Reinigungsmitteln. Muß ich eben zwei Tage lang die Luft anhalten.


Mein Elefant und ich sind angekommen!

Triest
Triest ist eine häßliche Stadt. Nur um nach Triest zu kommen, lohnt sich der weite Weg nicht.
Das fängt damit an, daß es im Zentrum viel zu wenig Bänke gibt, nur kommerzielle Sitzmöglichkeiten. Meine liebste Methode der Stadterkundung, ein Stück laufen, dann auf eine Bank setzen, mit GPS herausfinden, wo ich bin und die nächsten Schritte planen, funktioniert hier nicht.
Triest liegt auf einer Halbinsel und ist auf drei Seiten vom Meer umgeben. Die Küstenlinie der Stadt ist in weiten Bereichen mit etwas zugebaut, was ich für Industrie-Ruinen halte. Auf dem verbleibenden Teil gibt es keinen einzigen schattenspendenden Baum und keine einzige Bank im Schatten, nur ein paar glühend heiße Steinquader ohne Lehne. Mal die Zehen ins Meer zu halten oder gar zu schwimmen, geht auch nirgends. Es gibt nicht mal ein Restaurant oder eine Bar am Meer. Und ich schaue so gerne aufs Meer!


Statuen nehmen einem auch noch die letzten Sitzplätze weg ;-)
Wassersprenger
Ein Lichtblick ist das Museum für moderne Kunst. Die haben gerade eine Ausstellung kroatischer Gemälde, von denen mir viele sehr gut gefallen. Erstaunlich viele beschäftigen sich mit dem Atomkrieg und der Zeit danach.


Stjepan Šandrk: Spectacle (Rubens) (2019)
Stjepan Šandrk: Spectacle (2018)
Ich schaute gestern und heute 19 Uhr mal vor der Touristen-Info am neuen und alten Standort vorbei, ob sich noch jemand als Salzburg-Triest-Wanderer outet, aber niemand läßt sich blicken. Abends sind die Steinquader so weit abgekühlt, daß ich recht unbequem darauf sitzen und aufs Meer schauen kann.


Abreise
Nach Frühstück in einem Café räume ich mein Zimmer erst kurz vor 10:30 Uhr und nehme den Zug 12:16 Uhr zum Flughafen. Der ist ähnlich unbedeutend wie der Dresdener Flughafen, das Einchecken ist in einer halben Stunde erledigt.
Leider fliegt das Flugzeug nach Frankfurt schon 20 Minuten verspätet ab und kann auch keine Zeit aufholen. In Frankfurt kurvt es eine Viertelstunde auf dem Rollfeld rum, bis es seine Parkposition gefunden hat. Der Bus braucht ebenfalls eine Viertelstunde zum Terminal und muß dort anstehen, weil es nur zwei Entladeplätze gibt. Und schon ist mein ganzer Zeitpuffer aufgebraucht. Ich renne zum Abflugschalter, komme aber eine Minute zu spät.
Nun heißt es warten bis zum späten Abend. Da geht 22:10 Uhr noch eine Maschine nach Dresden, auf die man mich umgebucht hat. Ob sie wirklich fliegt, bleibt bis zum Schluß spannend, denn die Crew ist noch nicht aus Athen eingetroffen und nach 23 Uhr ginge wegen Nachtflugverbots in Frankfurt nichts mehr. 22:40 Uhr fliege ich nach Dresden.
Am Dresdener Flughafen fällt noch die S-Bahn aus, an die Taxi-Schlange anzustellen lohnt auch nicht, so nehme ich Bus und Bahn und bin 1 Uhr total knülle zu Hause.
Ein schöner Urlaub ist etwas chaotisch zu Ende gegangen.
