
Ostweg 2021
Tom Schilling
Für meine Mutter
Impressum
Auflage November 2024
© Tom Schilling, Dresden, Deutschland
Dieses Buch ist ein Ausdruck der Webseite
"https://www.tom--schilling.de/wandern/
gedruckt im Selbstverlag
Die auf der Webseite herunterladbare PDF-Datei ist im Format A5 gedruckt, damit sie auf eBook-Readern oder Handys mir kleinem Bildschirm unterwegs optimal gelesen werden kann. Fotos sind in dieser Version naturgemäß winzig. Benötigt man größere Formate, kann die WEBSEITE (nicht dieses PDF) mittels der Druckfunktion des Browsers in beliebigen Größen ausgedruckt werden. Für elektronische Versionen ist ein Browser auf Chromium-Basis (wie Edge oder Vivaldi) zu empfehlen, weil er die Verlinkung des Inhaltsverzeichnisses zu den Kapiteln ins PDF übernimmt, wenn über "Als PDF speichern" gedruckt wird.
Für Ausdrucke auf Papier empfehle ich chlorfrei gebleichtes Papier, das aus verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern stammt, in denen Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden und das mit FSC- oder blauem Engel-Siegel zertifiziert wurde. Wohlhabenden empfehle ich darüber hinaus einen Ausdruck in Farbe, damit die vielen Fotos zu Geltung kommen.
Sollten Sie mehr als 25 Druckexemplare anfertigen, denken sie bitte daran, ein Pflichtexemplar an die Deutsche Nationalbibliothek zu schicken, siehe
"https://www.dnb.de/DE/Professionell/Sammeln/
Mehr Informationen zum optimalen Druck dieser Webseite finden Sie auf
"https://www.tom--schilling.de/programmieren/
Inhalt
- Vorbereitung
- Pforzheim → Burgruine Liebeneck
- Burgruine Liebeneck → Dachsbauhütte
- Dachsbauhütte → Hölzle
- Hölzle → Obermusbach
- Obermusbach → Sauteichhütte
- Sauteichhütte → Waldenbrunn
- Waldenbrunn → Mühllehen
- Mühllehen → Villingen-Schwenningen
- Villingen-Schwenningen → Wocherhütte
- Wocherhütte → Jagdschlößle
- Jagdschlößle → Engen


Download dieser Seite als .pdf
2021 - Wanderung auf dem Ostweg im Schwarzwald von Pforzheim nach Engen
L 218 km, U 254 m, O 927 m, Z 11 Tage
Inhalt
- Vorbereitung
- Pforzheim → Burgruine Liebeneck
- Burgruine Liebeneck → Dachsbauhütte
- Dachsbauhütte → Hölzle
- Hölzle → Obermusbach
- Obermusbach → Sauteichhütte
- Sauteichhütte → Waldenbrunn
- Waldenbrunn → Mühllehen
- Mühllehen → Villingen-Schwenningen
- Villingen-Schwenningen → Wocherhütte
- Wocherhütte → Jagdschlößle
- Jagdschlößle → Engen
Die erste Wanderung des Jahres 2021 inmitten von Corona-Beschränkungen führte mich auf den Ostweg.

Vorbereitung
Ich muß bis Ende März meinen letzten Urlaub genommen haben, weil ich am Ende meines Arbeitslebens stehe und nur so im April noch meine Nachfolgerin einarbeiten kann. Eigentlich seltsam, denn danach habe ich alle Zeit der Welt, trotzdem will ich die Urlaubstage nicht verschwenden und sie möglichst draußen verbringen.
Die zweite Corona-Welle rollt gerade durchs Land. Ein Impfstoff ist noch nicht für mich verfügbar. Fernreisen, z.B. auf die Kanaren, fallen deshalb aus, ich muß mir ein Ziel in Deutschland suchen. So früh im Jahr war ich hier noch nie auf Tour. Ich will wie immer was mit Bergen und finde den Westweg ganz einladend, bis ich mir die Webcam-Bilder ansehe, die alle noch hohen Schnee zeigen. Für Tiefschnee-Touren bin ich nicht gerüstet. Im Rother Wanderführer für den Schwarzwald gibt es glücklicherweise noch zwei weitere Routen. Ich nehme den Ostweg, weil er in den tiefsten Lagen verläuft. Außerdem stelle ich es mir schön vor, den Bodensee zu sehen. Da war ich noch nicht und in dieser Zeit der Beschränkungen, dürfte er einsam wie nie sein. Ich beabsichtige also, in Bad Dürrheim auf die quer verlaufende Route Schwarzwald-Jura-Bodensee abzubiegen. Auch dafür habe ich einen Rother Wanderführer mit.
Hotels sind alle geschlossen, ich plane deshalb alle Übernachtungen in den Schutzhütten oder notfalls im Zelt. Ich darf mich möglichst nicht mit Corona anstecken, denn 14 Tage Quarantäne im Zelt ist bestimmt nicht spaßig. Und mit Zug zurückfahren ginge auch nicht. Es ist überhaupt erstaunlich, daß es für Züge keine Einschränkungen gibt, außer natürlich Maske zu tragen. Ich darf auf keinen Fall ins Ausland, weil dann komplizierte Quarantäne-Regeln greifen würden. Auch aus diesem Grund kann ich den Westweg nicht gehen, weil er in Basel endet, und die Rückfahrt dementsprechend in der Schweiz beginnen würde.
Pforzheim ↣ Burgruine Liebeneck
K km 11, L 11 km, U 254 m, O 428 m
Die Zugfahrt verläuft unspektakulär. Kurz nach 16 Uhr bin ich in Pforzheim, 17:15 Uhr stehe ich am Kupferhammer, dem Beginn der drei Längswege durch den Schwarzwald. Ich werfe noch einen Blick auf das Eingangstor des Westwegs, den ich mir für wärmere Zeiten aufhebe, und gehe Richtung Burgruine Liebeneck los.


Start der drei Schwarzwald-Routen
Eingangstor des Westwegs
Dort ist in Open Street Map eine Schutzhütte eingezeichnet, die will ich heute noch erreichen. Bis dahin sind noch 7 Kilometer zu laufen. Sonnenuntergang ist 18:38 Uhr, ich muß mich also sputen.
Ich komme an der Glasbronnenquelle vorbei, die ergiebig sprudelt, und fülle nur kurz die Wasserflasche.
Am Vormittag war ein Regengebiet durchgezogen, für die nächsten Tage war zumindest trockenes Wetter angesagt. Im Laufe der nächsten Tage sollte es wärmer und sonniger werden.


Rondell Burg Liebeneck
die Ruine ist geschlossen
Die überdachte Sitzbank ist mir zum Übernachten doch zu zugig, ich schlage lieber das Zelt in einer Ecke des Platzes auf. Die Burg wird gerade saniert und ist abgeschlossen. Zwei Toilettenhäuschen und ein Bauwagen stehen davor. Menschen treffe ich keine, nur die drei Kumpels von gegenüber schauen mir beim Schlafen zu.



Burgruine Liebeneck ↣ Dachsbauhütte
K km 30, L 19 km, O 511 m, U 320 m
Windgeschützt im Zelt schlafe ich gut, auch mein Daunenschlafsack ist ausreichend warm. 6:30 Uhr wird es hell. Ich frühstücke und erkunde noch mal die Ruine. Es gibt leider nirgends ein Schlupfloch, durch das ich ins Innere gelangen kann.
Um der durch Wildschweine hervorgerufenen Verwüstung der Felder Herr zu werden, hat man kurz nach der Burg den Wald mit Elektrozäunen abgesperrt. Ich bemerke keine Anzeichen von Wildschweinen in der Nähe.

Auf der anderen Seite der Würm komme ich nach einer Stunde an der sehr hübschen Burg Steinegg vorbei, natürlich wegen Corona geschlossen. Nach Neuhausen betrete ich das Monbachtal. Der Weg wechselt häufig über Trittsteine die Bachseite. Moosüberwucherte Bäume und Steine und das fließende Wasser erzeugen eine wunderschöne Stimmung.




Im Tal steht auch die erste ordentliche Schutzhütte, in der man übernachten könnte. Etwas weiter gibt es im Wald ein Wimmelbild zu sehen, Gartenzwerge, Engel und Weihnachtsmänner friedlich vereint.

In Bad Liebenzell treffe ich auf ein Gastronomieförderprogramm. Ich schleiche mich mit meinem noch vollen Flachmann so durch. Natürlich kann ich nicht beweisen, daß ich den sehr leckeren Grappa außerhalb der Zone zu konsumieren beabsichtige.

An der Walz-Quelle fülle ich meine Wasserflasche, damit ich für die Übernachtung gerüstet bin.

Nach Bad Liebenzell fange ich an, Hütten für eine mögliche Übernachtung zu erkunden. Oberhalb des Wegs entdecke ich die Dachsbauhütte, die mir so gut gefällt, daß ich beschließe, die Etappe hier zu beenden. Zwischen den Resten entsorgter Hochstände auf der anderen Wegseite finde ich einen Handfeger, mit dem ich die dicken Spinnweben an der Bank entfernen kann. Sie ist gerade lang genug, daß ich mich ausstrecken kann.


Dachsbauhütte ↣ Hölzle
K km 55, L 25 km, U 331 m, O 643 m
Der Ostweg führt heute durch ein kulturelles Highlight, die Hermann-Hesse-Stadt Calw. Der Ortskern besteht aus vielen wunderschön restaurierten Fachwerkhäusern. Ich besorge mir im Supermarkt ein zweites Frühstück und vertilge das auf einer windgeschützten Bank im Zentrum.

Am Geburtshaus Hermann Hesses laufe ich vorbei, ohne es zu bemerken. Aus dem Ort führt der Ostweg durch den Stadtgarten, in dem Tafeln mit Gedichten Hermann Hesses aufgestellt sind. Ich lese mir viele davon durch und denke, die hier paßt zu meiner Situation.

Bei Schnappenrad treffe ich auf abgesperrte Wiesen, auf denen Krokusse blühen. Man muß schon sehr genau hinschauen, um auf dem Bild welche zu entdecken.

Eine Viertelstunde später erreiche ich die Burg Zavelstein, in der ich eine Weile herumstöbere und Rast mache. Auf dem vorletzten Bild ist ein Wasserleitungsbohrer zu sehen, mit dem man Löcher in Baumstämme gebohrt hatte, um daraus eine Wasserleitung herzustellen.




Die Quelle hinter dem Edeka Liebelsberg entdecke ich erst, nachdem ich mir schon Wasser gekauft hatte.

Ich gehe auch heute wieder etwas weiter, als bis zum regulären Etappenziel, um aus den bewohnten Gebieten herauszukommen. An einem Waldrand steht das Hölzle, das ich für heute als Übernachtung ausgewählt hatte. So sehr abgelegen ist die Hütte doch nicht, denn viele Hunde werden abends noch auf den 3 angrenzenden Wegen spazieren geführt.

Hölzle ↣ Obermusbach
K km 81, L 26 km, U 447 m, O 745 m
Durch die Lage an einer großen Freifläche wird die Nacht deutlich kälter. Dank Daunenschlafsack und Merino-Unterwäsche friere ich trotzdem nicht. Nur das Aufstehen kostet Überwindung. Früh erspähe ich auf der Wiese ein Reh, was sich dann doch als großer Hund entpuppte. Erst 9:30 Uhr erreicht die Sonne endlich meine Hütte. Zeit aufzubrechen.


Heute gibt es das erste Mal blauen Himmel und Sonnenschein. Als ich das Köllbach-Tal erreiche, erkenne ich die Bank mit Aussicht auf die Burg Berneck, die auch im Rother Wanderführer abgebildet ist. Zeit für eine kurze Rast! Mit ihrer Schildmauer und zwei Wehrtürmen sieht die Burg sehr imposant aus. Die Mauer schützt die Seite der Burg, die vom höher liegenden Hang beschossen werden könnte.


Die Wehranlage von Schloß Altensteig sieht ebenfalls interessant aus. Besonders gefällt mir das quadratische Hüttchen auf dem runden Turm.


Auch ansonsten war der Ort recht hübsch.

Zwei Stunden später bin ich an der Kohlsägemühle und noch eine Stunde später fange ich an, mir die Hütten anzusehen, auf der Suche nach einer Übernachtung. Die Schwendehütte und die gleich daneben liegende Büchelesbrunnenhütte verschmähe ich noch, weil sie mir nicht abgelegen genug erscheinen. Die Findelhütte und das Hüttle haben jeweils nur kurze Bänke davor und der Boden unter dem Dach ist zu durchgeweicht und matschig, um dort nur im Schlafsack zu liegen.



Mittlerweile war es dunkel geworden und ich suche im Stirnlampenschein nach einer weiteren Hütte, die ich nicht finde. Weil nicht weit entfernt der Ort Obermusbach anfängt, baue ich mein Zelt im Dunklen an einer Waldkante auf. Der Wald schützt mich etwas vor Blicken und vor dem Auskühlen in der sternenklaren Nacht.

Obermusbach ↣ Sauteichhütte
K km 93, L 12 km, U 647 m, O 821 m
In Freudenstadt gibt es einen großen Grillplatz mit einer pompösen Schutzhütte drauf. Leider gebührenpflichtig. Wobei ich die Regeln nicht verstehe. Bedeutet "Die Benutzung der Anlage ist gebührenpflichtig und nur nach vorheriger Anmeldung bzw. Reservierung gestattet. Die Reservierung kann da und da vorgenommen werden, ausgenommen sind Wanderer bzw. Wandergruppen." nun:
- Wanderer müssen nicht reservieren?
- Wanderer dürfen die Anlage nicht benutzen?
- Wanderer müssen nichts bezahlen?
- Ist ein Szenario vorstellbar, daß Wanderer dorthin angewandert kommen, grillen und weiterwandern? Oder dürften sie dann auch übernachten, was ich für den realistischeren Fall halte?


Ich genieße die Sonne im Park und versuche im Weinladen am Markt eine kleine Flasche Wein zu bekommen, was mir nicht gelingt. Zitat: "Es lohnt sich für unsere Winzer nicht, das in kleine Flaschen abzufüllen."

Auf dem Weg aus der Stadt komme ich über 800 Meter Höhe und stapfe durch eine geschlossene Schneedecke. An einer Kreuzung im Wald entdecke ich die urige Sauteichhütte und beschließe, den Tag hier zu beenden. Ich stehe noch lange auf dem Weg, um auch die letzten Sonnenstrahlen mitzunehmen. Einige besonders hohe Tannen sind mit grünen Schildern markiert, die einen dazu animieren sollen, mal am Stamm nach oben zu schauen. Wie immer gibt es aufgewärmte Tütensuppe zum Abendbrot und danach verkrieche ich mich schnell im Schlafsack.


Sauteichhütte ↣ Waldenbrunn
K km 118, L 25 km, O 825 m, U 417 m
Morgens scheint wieder die Sonne. Zwar nicht in meine Hütte, aber ich suche mir einen sonnigen Fleck fürs Frühstück.

Die hübsche Hummel-Hütte einen Kilometer weiter hat schon Sonne. Ab da geht es erst mal wieder unter 800 Meter und der Schnee ist wieder weg.


Es kommen noch einige Hütten am Weg: die Glashütte ist winzig, die Heilenbergerhütte scheint brauchbar für Übernachtung und die vordere Kapfhütte hat außerdem einen super Ausblick auf Alpirsbach.

Nachdem ich mich wieder aus dem Tal herausgearbeitet habe, treffe ich auf diesen lustigen Wohnanhänger.

Am Fräulinsberg gibt es ein großes Reh-Gehege neben der Straße. Der Ostweg geht hier lange auf Asphalt durch verstreute Siedlungen. Erst kurz nach Sonnenuntergang finde ich in einem Wald kurz vor Waldenbrunn einen kleinen waagerechten Flecken, der von der Straße nicht einsehbar ist. In der Nähe spielen auf einem Hof noch Kinder.

Waldenbrunn ↣ Mühllehen
K km 138, L 20,5 km, U 433 m, O 825 m
Kurz nach Beginn der Etappe komme ich an einer ausgegrabenen römischen Straßenstation vorbei, ein Vorläufer der späteren Poststationen. Das Relief zeigt Merkur, den Gott der Händler.






Am Abend finde ich wieder keine passende Hütte zur Übernachtung. Erst im letzten Tageslicht entdecke ich einen Platz, der alle meine Anforderungen erfüllt. Neben einer Wiese am Waldrand ist eine lange Reihe Holzstapel aufgeschichtet, die mich vor eventuellen Passanten auf dem Weg verbergen. Auf dem Waldmoos räume ich mir einen ebenen Platz von Tannenzapfen frei und habe eine schön gepolsterte Liegefläche. Umfallende Bäume habe ich auf der gerade bearbeiteten Fläche auch nicht zu befürchten.

Mühllehen ↣ Villingen-Schwenningen
K km 164, L 26 km, O 823 m, U 704 m
Ich schlafe aus und frühstücke ordentlich, so daß ich erst nach 10 Uhr loskomme. An der Muckenmühle laufen Truthähne, Fasane und Gänse frei herum. Gefährliche Katzen habe ich keine bemerkt.


An der Burgruine Waldau bezahle ich meine 40 Cent Obolus und mache viele Fotos. Leider darf man den Turm nicht betreten.





Eine Stunde später bin ich in Königsfeld, wo es einen netten Schloßgarten gibt. Die Bänke sind zu einladend, um sie zu ignorieren. Auch an der neu gebauten Hütte am Naturschutzgebiet Gifitzenmoos mache ich eine kurze Pause. Mittlerweile ist es richtig heiß geworden, so daß ich schon im März den Schatten suche!


Schloß Königsfeld
Hütte am Traufweg
In Mönchweiler steht diese Frau am Weg. Im Hintergrund sind übrigens die ersten und einzigen Wanderer zu erkennen, die ich unterwegs getroffen habe. Wir hatten uns schon einige Male gegenseitig überholt und letzte Nacht hatten sie ziemlich in der Nähe meines Holzstapels ihr Zelt aufgebaut, ohne daß ich das bemerkt hatte.

Er war aus Calw, der Herrmann-Hesse-Stadt, sie aus Erlangen, wenn ich mir das richtig gemerkt hatte. Sie sind nur am Wochenende einen Teil des Weges gegangen und meinten, er wäre nicht so gut wie der Westweg, weil er zu häufig durch Orte führt. Besonders empfohlen hatten sie mir den HW1 (Albsteig), den ich auf meine ToDo-Liste gesetzt habe.
Wir gehen später noch ein Stück gemeinsam und trennen uns nach Villingen, weil ich unbedingt den Aussichtsturm besteigen möchte und sie lieber noch etwas Strecke machen.

An den Wänden im Brigach-Tal klettern Tschechen. Ich inspiziere mal kurz die am Geländer angebrachte Sicherung.
Villingen-Schwenningen scheint eine schöne Stadt zu sein. Wir weichen nicht von der Route ab, die die Stadt nur kreuzt, weil wir abends noch eine Übernachtung außerhalb finden müssen und die Sonne schon tief steht. In normalen Zeiten hätte ich mir ein Hotel genommen und die Stadt erkundet, aber daran war wegen Corona nicht zu denken.
Besonders gefallen haben mir die witzigen Zahnrad-Skulpturen aus Stein und Stahl vor dem Landratsamt. Meine Mitwanderer fanden sie schrecklich, weil man Stahl und Stein nicht mischt. Ich fand sie genau deswegen gut. Am Aussichtsturm trennen sich unsere Wege.


Skulpturen vor dem Landratsamt
Aussichtsturm Wanne

Ab Villingen Schwenningen gehe ich auf dem Schwarzwald-Jura-Bodensee-Weg. Dieser und der Ostweg kommen noch einige Male zusammen, bevor sie sich in Öfingen endgültig trennen. An der ersten Trennung der Wege geht es durch das Neusiedler-Gebiet Bertholdshöfe über Äcker, so daß es schwer war, eine Übernachtung zu finden. Die Sonne war schon untergegangen, als ich einen schmalen Waldstreifen inspiziere und dort an der Waldkante einen passablen Zeltplatz finde.

Nach dem Zeltaufbau erkunde ich meine Nachbarschaft und entdecke 50 Meter entfernt ein Asthaus und ein aus einer Zeltplane über eine Leine aufgespanntes Zelt. Ich halte es erst für verlassen, sehe aber im Dunkeln die zwei Bewohner mit Stirnlampenlicht zurückkommen. Mir ist etwas unwohl, bei dem Gedanken an so enge Nachbarschaft. Ich weiß ja, daß Illegale auch von etwas leben müssen und wesentlich weniger Optionen als ich haben. Trotzdem möchte nicht ausgerechnet ich überfallen werden. Ich schicke meine Koordinaten nach Hause und verhalte mich ruhig. Vielleicht sind meine Nachbarn ja auch ganz nett, aber ich will das nicht austesten.
Villingen-Schwenningen ↣ Wocherhütte
K km 194, L 30 km, U 698 m, O 927 m
Früh räume ich mein Zelt ohne Frühstück zusammen und mache, daß ich wegkomme. In Bad Dürrheim besorge ich mir was beim Bäcker.


Eines der Wahrzeichen von Bad Dürrheim sind die Solefördertürme. Ich wundere mich ja, wie man drauf gekommen ist, daß in 200 Meter Tiefe Salz zu finden ist.

Ein weiterer Hingucker ist das morbiden Charme versprühende Haus Hohenbaden am Waldrand.


Den Baarfußpfad (nur echt mit dem Doppel-A!) probiere ich aus. Leider kann man wohl nichts dagegen tun, daß sich die Füllung einzelner Abschnitte (zum Beispiel die Glasscherben) immer weiter in der Gegend verteilt und das Ganze etwas verwahrlost wirkt. Die Kneipp-Anlage ist fast leer, hat aber Wasser. Ich nutze das für die erste gründliche Reinigung seit Tagen.

Den Schwarzwald habe ich definitiv verlassen. Die Landschaft ist jetzt großenteils kultiviert und baumlos. In der Ferne sehe ich den schneebedeckten Feldberg. In Ofingen trennt sich der Schwarzwald-Jura-Bodensee-Weg (markiert mit grüner Raute auf gelbem Grund) ein letztes Mal vom Ostweg.

Richtung Immendingen geht es auf einem Höhenrücken mit kaum wahrnehmbaren Gipfeln durch Laubwald. Nach dem finsteren Schwarzwald sind die lichtdurchfluteten, noch unbelaubten Bäume ganz ungewohnt. Leider läßt die Qualität des Wanderwegs deutlich nach. Es gibt kaum Wegmarkierungen, man hält es nicht für nötig, die 3 Gipfel auf dem Hochplateau (Osterberg 922m, die anderen beiden habe ich vergessen) mal zu erwähnen.


Wenigstens sind die Hütten wieder OK. Ich erreiche mein Tagesziel, die Wocherhütte erst bei tief stehender Sonne und mache es mir nach dem Abendbrot auf der Bank neben dem hochgeklappten Tisch bequem.

Wocherhütte ↣ Jagdschlößle
K km 213, L 19 km, O 827 m, U 656 m
Das Gegenstück zum Wurstomat von Aichhalden steht in Immendingen.

Nach Immendingen quere ich die Donau nahe an einer Versinkungsstelle, wo alles Wasser der Donau an einigen Tagen im Jahr im Untergrund verschwindet. Als ich sie überquere, ist noch genug Wasser übrig.



Der "Wanderweg" führt fast ausschließlich über auch mit dem LKW befahrbare Wege, man könnte auch Bustouren auf dem Schwarzwald-Jura-Bodensee-Weg veranstalten. Nur zur Burgruine Neuhewen geht es mal auf einem kurzen Stück Trampelpfad. Die Ruine ist trotzdem eine Enttäuschung, komplett zugewachsen und nicht betretbar.





Für eine Übernachtung schaue ich mir die Jagdschlößle Hütte an, die etwas abseits vom Weg hangaufwärts liegt. Der Umweg wird belohnt, die Hütte hat einen Tisch und breite Bänke unter dem Vordach.

Ich hatte ja schon angedeutet, daß mich der Wanderweg immer weniger begeistert. Es gibt keine Höhepunkte und die Leute aus der Region scheinen keinerlei Interesse an einem Weg zu haben. Dann sollte man auch nicht da langlaufen, wenn man nicht gerade stupide Kilometer schrubben will.
Ich beschließe, von Engen den Zug nach Hause zu nehmen. Dann wird es eben nichts mit dem Bodensee.
Jagdschlößle ↣ Engen
K km 218, L 5 km, O 740 m, U 522 m

Das letzte Foto hat sich wirklich nicht vom letzten Mittelmeerurlaub hier rein gemogelt, sondern stammt von kurz vor Engen. Bananen, Palmen, Orangen und Zitronen im Freien. Im März!

Das wars!
Bis zur nächsten Wanderung!
